Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020
(BEL/1.UWT) - Siegerliste Lüttich-Bastogne-Lüttich
Roglic siegt nach Blamage von Alaphilippe
In seinem ersten Auftritt im Regenbogentrikot machte sich der frisch gebackene Weltmeister Julian Alaphilippe (Deceuninck) zum absoluten Volltrottel. Bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020 verpasste er im Sprint der momentan besten 4 Fahrer der Welt Marc Hirschi (Sunweb) und in Konsquenz auch Tadej Pogacar (UAE) eine heftige Welle, wodurch diese fast stürzten und keine Chance mehr hatten. Dann hob er übermütig die Hände zum Siegerjubel, aber Primoz Roglic (Jumbo) schnellte auf der Linie noch mit dem Tigersprung um ein viertel Vorderrad vorbei! Das spielte allerdings auch keine Rolle mehr, weil Alaphilippe folgerichtig distanziert wurde auf den 5. Platz hinter Matej Mohoric (Bahrain), der auf der Zielgeraden zu dem Quartett aufgeschlossen hatte.
Die Vorentscheidung hatte Alaphilippe mit einer Attacke am Falkenfelsen, dem letzten Anstieg, 14 Kilometer vorm Ziel aus einem noch relativ großen Feld heraus herbeigeführt. Hirschi tankte sich heran, dann auch Roglic. Über die Kuppe hinweg fand auch noch Pogacar Anschluss. Michael Woods (EF) und Michal Kwiatkowski (Ineos) hatten den Schnitt knapp verpasst. Im anschließenden Stück flog Kwiatkowski an Woods vorbei zum Spitzenquartett. Dann attackierte aber Hirschi an einer kleinen Welle, so dass Kwiatkowski wieder zurückfiel.
Hirschi und Pogacar um Siegchance gebracht
Die 4 Top-Leute konnten nicht groß pokern, weil sie mit maximal 20 Sekunden Abstand eine Verfolgergruppe im Nacken hatten, vor die sich Mathieu van der Poel (Alpecin) gespannt hatte. Aus dieser Gruppe stahl sich kurz vor Schluss Mohoric davon. Auf dem letzten Kilometer begannen vorne doch noch die Geplänkel, so dass Mohoric kurz vor der 300-Meter-Marke rechts vorbeirauschte. Alaphilippe nutzte dies als Startrampe für seinen Sprint und zog direkt vor Mohoric an die Bande, um dann abrupt wieder nach links zu kreuzen. Dadurch kam Hirschi aus dem Pedal und fast zu Fall. Auch Pogacar musste sich auf die Verhinderung eines Sturzes konzentrieren.
Nun hatte Roglic auf der rechten Seite freie Bahn und verdoppelte die Bitterkeit der Niederlage von Alaphilippe, der sich in der Straßenmitte wie ein arroganter Gockel zur Siegerpose aufrichtete. Alaphilippe ruinierte damit ein ultra-spannendes Finale, dessen Ausgang ohne Alaphilippes gefährlichen Schlenker leider unbekannt bleibt. Hirschi und Pogacar fühlten sich zurecht um die Siegchance gebracht. Roglic hingegen bekam ein großes Trostpflaster für den gegen Pogacar verpassten Tour-de-France-Gesamtsieg. Durch Mohorics Aufholjagd und Alaphilippes Distanzierung vollendten 3 Slowenen Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020 unter den Top-4.
15 Sekunden hinterm Sieger sprintete van der Poel nur einen Tag nach seinem Kraft raubenden Sieg bei der Binckbank Tour auf den 6. Platz vor Woods. Roglic und van der Poel standen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich vorher noch nie am Start. Wie alle großen Frühjahrsklassiker war die Doyenne 2020 wegen des Coronavirus in den Herbst verlegt worden – und fand damit parallel zum Giro d'Italia statt, bei dem Lüttich-Vorjahressieger Jakob Fuglsang (Astana) unterwegs ist. Geplant war der Ardennen-Klassiker für den 26. April. Die Absage wurde am 17. März verkündet wegen der Coronavirus-Krise. Der neue Anlauf erfolgte erfolgreich am 4. Oktober. Das letzte Kalenderjahr ohne Lüttich-Bastogne-Lüttich war 1944.
Teils regnerisch am ungewohnten Oktober-Termin
Die frühe Spitzengruppe des Tages bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020 bestand bei teils regnerischem Wetter aus: Iñigo Elosegui (Movistar), Kobe Goossens (Lotto), Michael Schär (CCC), Kenny Molly, Mathijs Paasschens (beide Bingoal), Omer Goldstein (Israel), Valentin Ferron, Paul Ourselin (beide Total) uand Gino Mäder (NTT). Von denen wehrte sich Schär als Solist zäh und am längsten gegen das Hauptfeld mit den Favoriten. Schärs Kapitän Greg van Avermaet stürzte unterdessen 97 Kilometer vorm Ziel an einem Fahrbahnteiler und schied verletzt aus.
Wenige Kilometer später war auch Alaphilippe in einer Sturz verwickelt, woraufhin er in der Folgezeit mehrmals das Rad wechselte, bis er merkte, dass das Problem an der Schuhplatte lag. Ansonsten verlief das Rennen recht ereignislos bis zum Falkenfalsen, sieht man von dem stetigen Ausscheidungsfahren durch die Hügel der Ardennen ab. Schär wurde innerhalb der letzten 37 Kilometer an der Côte de la Redoute gestellt.
Schließlich gab es doch noch vor dem Falkenfelsen – offiziell: Côte de La Roche-aux-Faucons – weitere Versuche zu entkommen. Michael Albasini (Mitchelton) attackierte bei seiner Abschiedsvorstellung 37 Kilometer vorm Ziel. Nach 4 Kilometern hatten Alaphilippes Helfer diesem Solo den Garaus gemacht. Hinter dem vorletzten Anstieg, der Côte de Forges, attackierten Luis Leon Sanchez (Movistar) und Rui Costa (UAE). Es stieg Alaphilippe höchstpersönlich hinterher, und damit war auch diese Offensive neutralisiert.
So gab Tom Dumoulin (Jumbo) als Edelhelfer für Roglic den Falkenfelsen hinauf das Tempo vor – bis zur entscheidenden Attacke von Alaphilippe. Die Zuschauer wurden nun mit einem äußerst spannenden und hochklassigen Finale entschädigt, das jedoch – außer für Roglic – für alle ein unbefriedigendes Ende fand. In der Verfolgergruppe um van der Poel blieb Simon Geschke (CCC) ein Top-Ten-Ergebnis verwehrt, weil er kurz vorm Ziel einen Vorderradschaden hatte.
So 4. Oktober 2020 Ergebnis der 106. Auflage Liège-Bastogne-Liège (257,0km) 1. Primoz Roglic (SLO) - Jumbo-Visma 6:32:02 2. Marc Hirschi (SUI) - Sunweb 3. Tadej Pogacar (SLO) - UAE-Emirates alle 4. Matej Mohoric (SLO) - Bahrain-Merida gleiche 5. Julian Alaphilippe (BEL) - Deceuninck-Quick Step Zeit 6. Mathieu van der Poel (NED) - Alpecin-Fenix +0:14 7. Michael Woods (CAN) - EF 8. Tiesj Benoot (BEL) - Sunweb 9. Warren Barguil (FRA) - Arkéa-Samsic 10. Michal Kwiatkowski (POL) - Ineos alle 11. Daniel Martin (IRL) - Israel 12. Tom Dumoulin (NED) - Jumbo-Visma 13. Rudy Molard (FRA) - Groupama-FDJ gleiche 14. Guillaume Martin (FRA) - Cofidis 15. Rigoberto Uran (COL) - EF 16. Richie Porte (AUS) - Trek-Segafredo Zeit 17. Gorka Izagirre (ESP) - Astana +0:43 18. Benoît Cosnefroy (FRA) - AG2R La Mondiale +0:58 19. Omar Fraile (ESP) - Astana 20. Daniel Martinez (COL) - EF 21. Lennard Kämna (GER) - Bora-Hansgrohe alle 22. Nick Schultz (AUS) - Mitchelton-Scott 23. Jelle Vanendert (BEL) - Bingoal-Wallonie gleiche 24. Loïc Vliegen (BEL) - Circus-Wanty Gobert 25. Valentin Madouas (FRA) - Groupama-FDJ Zeit ... 30. Simon Geschke (GER) - CCC 87. Wout Poels (NED) - Bahrain-McLaren +8:35 94. Bob Jungels (LUX) - Deceuninck-Quick Step +12:04 - 175 Teilnehmer, davon 125 klassiert.
Eingeladene Teams nach Lüttich sind 2020 die 19 WorldTour-Teams und die beiden ProTeams Total Direct Energie und Circus-Wanty (alle 21 automatisch qualifiziert) sowie die ProTeams Alpecin-Fenix, Arkéa-Samsic, Bingoal-Wallonie und Sport Vlaanderen, die vom Veranstalter mit Wildcards ausgestattet wurden.
Strecke
Im Profil von Lüttich-Bastogne-Lüttich 2020 bleibt es bei der Abfolge der 13 Anstiege aus dem Vorjahr, mit dem Falkenfelsen als letztem Anstieg 13,5 Kilometer vorm Ziel und damit wegen verlegten Zielareals einen Kilometer näher.
Anstiege Lüttich-Bastogne 2020 | km- | Zeit | Länge | ⌀ | |
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1. | Côte de la Roche-en-Ardenne | 181 | 12:22 | 2,8 km | 6,2 % |
2. | Côte de Saint-Roch | 134 | 13:35 | 1,0 km | 11,2 % |
3. | Côte de Mont-le-Soie | 93 | 14:37 | 1,7 km | 7,9 % |
4. | Côte de Wanne | 85 | 14:50 | 3,6 km | 5,7 % |
5. | Côte de Stockeu (Stèle Merckx) | 78 | 15:00 | 1,0 km | 12,5 % |
6. | Côte de la Haute-Levée | 73 | 15:09 | 3,6 km | 5,6 % |
7. | Col du Rosier | 60 | 15:29 | 4,4 km | 5,9 % |
8. | Col du Maquisard | 47 | 15:48 | 2,5 km | 5,0 % |
9. | Côte de La Redoute | 35 | 16:06 | 2,0 km | 8,9 % |
10. | Côte des Forges | 24 | 16:24 | 1,3 km | 7,8 % |
11. | Côte de La Roche-aux-Faucons | 14 | 16:40 | 1,3 km | 11,0 % |
Zielankunft in Lüttich bei Kilometer 256 |
www-tipps
- Offizielle Homepage: https://www.liege-bastogne-liege.be/en/
- Landkarte (PDF)
- (provisorische) Startliste auf procyclingstats.com