Tour de France 2023 - 15. Etappe

Übersicht | Etappenplan | Berge | Startliste | Endklassement | Siegerliste |

14. Etappe ◄ So 16. Juli: 15. Etappe ► 16. Etappe

Sieg für Poels, Patt im Favoriten-Duell

Wout Poels (Bahrain) gewann in Le Bettex oberhalb von Saint-Gervais-les-Bains die 15. Etappe der Tour de France 2023. Der Niederländer setzte sich aus 38 Ausreißern um den Tagessieg über 2 Minuten vor Wout van Aert (Jumbo) durch. Im 2-geteilten Schlussanstieg kam es darüber hinaus zum erneuten Schlagabtausch der Klassementfahrer in den Alpen, wenn auch mehrere Minuten hinter den stärksten Ausreißern. Dort lieferten sich die Top-2 Jonas Vingegaard (Jumbo) und Tadej Pogacar (UAE) ein weiteres Gefecht, ohne dass einer der beiden einen Sekunden-Unterschied herbeiführen konnte.

Zur Vorentscheidung um den Tagessieg kam es nach rund 50 Rennkilometern, als noch 128 Kilometer zu fahren waren, durch einen Massensturz. Es hatte sich noch keine Fluchtgruppe entscheidend absetzen können, als Sepp Kuss (Jumbo) gegen den ausgestreckten Arm eines geistig umnachteten Zuschauers fuhr, auf die Straße schleuderte und unter anderem seinen Teamkollegen van Hooydonck mitriss. Zu diesem Zeitpunkt lagen 38 Ausreißer nur knapp vor dem Hauptfeld. Die doppelt getroffenen Helfer von Vingegaard mussten zunächst die Wunden lecken und ließen damit automatisch die Ausreißer ziehen.

Unter den vielen Ausreißern gab es wechselnde Konstellationen an der Spitze. Kurz vor der letzten, stufenförmigen Abfahrt rissen Marc Soler (UAE), van Aert, Krists Neilands (Israel) und Poels aus. Neilands stürzte darauf bei der Flaschenannahem am neutralen Verpflegungsmotorrad. Das vorn verbliebene Trio erarbeitete sich in der Abfahrt knapp anderthalb Minuten Vorsprung vor den nächsten Verfolgern. Von denen erreichte Burgaudeau (Total) den 3. Platz mit 3 Minuten Rückstand. Insgesamt kamen 15 der Ausreißer vor Pogacar und Vingegaard durch, nicht jedoch Soler, der auf seinen Kapitän Pogacar wartete.

Das Team von Pogacar übernahm für die letzten 11,5 Kilometer die Führungsarbeit im Doppel-Schlussanstieg. Dieser erwies sich als schwierig genug, um erneut erhebliche Unterschiede zwischen den Klassementfahrern hervorzurufen, nicht jedoch zwischen Vingegaard im Gelben Trikot und Pogacar, dessen Antritten Vingegaard spielerisch folgte. Beide erreichten 6 Minuten hinter Poels das Ziel. 20 Sekunden später kam Adam Yates (UAE) an, der gemeinsam mit Soler seinen Kapitän bis fast zuletzt unterstützte. Der Gesamtdritte Carlos Rodriguez (Ineos) blieb lange auf Tuchfühlung und verlor 38 Sekunden auf die beiden Top-Favoriten. Jai Hindley (Bora) hingegen büßte über eine Minute auf seinen Podest-Konkurrenten Rodriguez ein.

 

Ergebnis
 1. Wout Poels (NED)           - Bahrain Victorious       4:40:45
 2. Wout van Aert (BEL)        - Jumbo-Visma                +2:08
 3. Mathieu Burgaudeau (FRA)   - Totalenergies              +3:00
 4. Lawson Craddock (USA)      - Jayco-Alula                +3:10
 5. Mikel Landa (ESP)          - Bahrain Victorious         +3:14
 6. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ             gl.Zeit
 7. Guillaume Martin (FRA)     - Cofidis                    +3:32
 8. Mattias Skjelmose (DEN)    - Lidl-Trek                  +3:43
 9. Simon Guglielmi (FRA)      - Arkéa-Samsic               +3:59
10. Warren Barguil (FRA)       - Arkéa-Samsic               +4:20
11. Dylan Teuns (BEL)          - Israel-Premier Tech        +5:06
12. Alex Aranburu (ESP)        - Movistar                   +5:10
13. Hugo Houle (CAN)           - Israel-Premier Tech        +5:31
14. Giulio Ciccone (ITA)       - Lidl-Trek                  +5:35
15. Rigoberto Uran (COL)       - EF Education-Easypost      +5:53
16. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +6:04
17. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma              gl.Zeit
18. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates               +6:24
19. Carlos Rodriguez (ESP)     - Ineos Grenadiers           +6:42
20. Sepp Kuss (USA)            - Jumbo-Visma                +7:05
21. Marc Soler (ESP)           - UAE-Emirates             gl.Zeit
22. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ               +7:15
23. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain Victorious         +7:24
24. Rafal Majka (POL)          - UAE-Emirates               +7:52
25. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             +7:58
26. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën               +8:17
27. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula                +8:20
28. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos-Grenadiers           +8:35
29. Jonathan Castroviejo (ESP) - Ineos Grenadiers          +10:47
30. Gregor Mühlberger (AUS)    - Movistar                 gl.Zeit
...
36. Felix Großschartner (AUT)  - UAE-Emirates              +13:54
37. Wilco Kelderman (NED)      - Jumbo-Visma              gl.Zeit
38. Chris Harper (AUS)         - Jayco-Alula               +14:05
43. Emanuel Buchmann (GER)     - Bora-Hansgrohe            +14:33
- 157 Fahrer klassiert.
DNS Daniel Martinez (COL)      - Ineos Grenadiers

 

Weiterhin 10 Sekunden zwischen Vingegaard, Pogacar

Vor dem 2. Ruhetag und den beiden mutmaßlich entscheidenden Etappen in den Alpen – mit Einzelzeitfahren und Königsetappe – blieb es beim engen Abstand von 10 Sekunden zwischen Vingegaard und Pogacar. Rodriguez behielt den 3. Platz. Für Hindley, der vor der 15. Etappe nur eine Sekunde hinter Rodriguez lag, setzte sich der Negativ-Trend des Vortages fort. Er verlor einen weiteren Platz. Stattdessen näherte sich Adam Yates dem Podest etwas an – mit nun 19 Sekunden Rückstand auf Rodriguez.

 

Gesamtwertung
 1. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma             62:34:17
 2. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +0:10
 3. Carlos Rodriguez (ESP)     - Ineos Grenadiers           +5:21
 4. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates               +5:40
 5. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             +6:38
 6. Sepp Kuss (USA)            - Jumbo-Visma                +9:16
 7. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain Victorious        +10:11
 8. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula               +10:48
 9. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ              +14:07
10. Guillaume Martin (FRA)     - Cofidis                   +14:18
11. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën              +14:39
12. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos-Grenadiers          +16:53
13. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ              +20:12
14. Mikel Landa (ESP)          - Bahrain Victorious        +22:48
15. Emanuel Buchmann (GER)     - Bora-Hansgrohe            +29:50
16. Jonathan Castroviejo (ESP) - Ineos Grenadiers          +34:21
17. Rafal Majka (POL)          - UAE-Emirates              +47:31
18. Chris Harper (AUS)         - Jayco-Alula               +48:14
19. Wilco Kelderman (NED)      - Jumbo-Visma               +55:43
20. Ben O'Connor (AUS)         - AG2R-Citroën            +1:01:26

 

Massensturz entscheidet über Tagessieg

Als sich durch den Massensturz die 38 Ausreißer des Tages herauskristallisierten, lag bereits eine intensive erste Rennstunde hinter den Fahrern. Alaphilippe (Soudal) und Luzenko (Astana) führten das Rennen für knapp 40 Kilometer als Duo an. Von den 36 Verfolgern – van Aert (Jumbo), Soler (UAE), Fraile (Ineos), Le Gac, Pinot (beide Groupama), Amador, Cort, Powless, Uran (alle EF), Landa, Poels (beide Bahrain), Haller, Politt (beide Bora), Ciccone, Skjelmose, Lopez (alle Lidl), Peters (AG2R), van der Poel, Kragh Andersen (beide Alpecin), Costa (Intermarché), Martin, Izagirre (beide Cofidis), Aranburu (Movistar), Hamilton (DSM), Woods, Hoole, Neilands, Teuns (alle Israel), Craddock, Juul-Jensen, Mezgec (beide Jayco), Barguil, Guglielmi (beide Arkéa), Abrahamsen, Traaen (beide Uno-X) und Burgaudeau (Totalenergies) – holten die meisten das Spitzenduo 86 Kilometer vorm Ziel ein.

Nächster Spitzenreiter war 13 Kilometer später Marco Haller, weil er es in einer Abfahrt rollen ließ. Diese Episode endete im nächsten Anstieg, als ihn Rui Costa kassierte. Dieser wiederum wurde noch unterhalb des Gipfels vom Col de la Croix Fry gestellt. Dort holte sich Ciccone die 10 Punkte für Platz 1 am Bergpreis. Neilson Powless, der das Bergtrikot nur noch stellvertretend für Vingegaard trug, hatte am ersten Bergpreis noch ein paar Punkte hinter Luzenko, Alaphilippe und Ciccone ergattert, war am Col de la Croix Fry jedoch bereits zurückgefallen. Nach der 15. Etappe kamen Ciccone und Powless auf gleich viele Punkte. Das Bergtrikot ging aufgrund höherwertiger Bergpreissiege an Ciccone, der ganz offensichtlich wild entschlossen dieses Ziel verfolgt.

 

Bergwertung
 1. Giulio Ciccone (ITA)       - Lidl-Trek                  58 p.
 2. Neilson Powless (USA)      - EF Education-Easypost      58
 3. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma                54
 4. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               48
 5. Wout van Aert (BEL)        - Jumbo-Visma                47
 6. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën               32
 7. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             31

 

Innerhalb der letzten 49 Kilometer attackierte Soler am Col des Aravis, der unmittelbar auf den Col de la Croix Fry folgte. Über den Gipfel hinweg fanden van Aert, Neilands und Poels den Anschluss an Soler. Den 2-geteilten Schlussanstieg mit Côte des Amerands und Le Bettx begannen Poels und van Aert als Duo, weil Soler in der vorherigen Abfahrt den Kontakt verloren hatte. Poels stellte van Aert einen halben Kilometer drin im Anstieg zur Côte Amerands schnell und trocken ab. Auch Soler fuhr in der Folgezeit an van Aert vorbei, widmete sich dann aber seinem Kapitän und Co-Kapitän.

In der Gruppe ums Gelbe Trikot, die zeitweise kleiner war als das Feld der Ausreißer und als das Gruppetto, platzte Pidcock (Ineos) wieder früh ab. Der aufstrebende Felix Gall (AG2R) wurde durch einen Defekt aufgehalten. Er verlor über 2 Minuten auf Vingegaard und Pogacar, allerdings 3 Sekunden weniger als Simon Yates (Jayco). Dennoch wurde Gall aus den Top-Ten der Gesamtwertung verdrängt von Guillaume Martin, dem Bestplatzierten der Ausreißer, der in der Tageswertung den 7. Platz belegte.

Hindley, Simon Yates und Gall verlieren an Boden

Bereits hinter der Côte des Amerands attackierte Rodriguez. Dies wurde zwar von Pogacars Helfer Majka neutralisiert, hatte aber trotzdem den Effekt, dass neben Simon Yates auch Jai Hindley abreißen ließ. Noch vor den beiden erreichte Pello Bilbao (Bahrain) das Ziel, der damit Simon Yates vom 7. Gesamtplatz verdrängte. Majkas Tempo konnten nur noch Pogacar, Adam Yates, Vingegaard, Kuss, kurzzeitig auch noch deren Teamkollege Benoot, Rodriguez und überraschend Gaudu folgen, der an den Bergen zuvor schon abzufallen schien. Er fiel dann aber zurück, noch bevor Adam Yates von Majka übernahm. In der Gesamtwertung ging Gaudu vorbei an Gall auf den 9. Platz.

Nach der Beschleunigung von Adam Yates innerhalb der letzten 3 Kilometer konnten nur noch Pogacar und Vingegaard dessen Hinterrad halten. 2,3 Kilometer vorm Ziel ließ Pogacar eine Lücke zu seinem Edelhelfer klaffen. Diese verschaffte Rodriguez – ähnlich wie am Vortag – die Gelegenheit zu Pogacar und Vingegaard aufzuschließen. Yates erreichte derweil seinen Teamkollegen Soler.

Kurz hinter der Kilometermarke attackierte Pogacar aus letzter Position. Vingegaard klebte sofort an seinem Hinterrad, während Rodriguez wieder zurückfiel und seinen Stiefel weiterfuhr. Pogacar fuhr auf Soler und Yates auf, die ihn noch eine Weile zogen. Auch beim langen Zielsprint blieb Vingegaard wie eine Klette hinter Pogacar. In der letzten Kurve setzte der Mann im Gelben Trikot sogar zur Überholung an. Pogacar ließ es sich aber nicht nehmen, dagegen zu halten und als Erster von beiden das Vorderrad über die Linie zu schieben.


Vorschau auf diese Etappe: Die 15. Etappe ist eine der vielen schwierigen Etappen und entscheidenden Etappen inmitten des Jura-Alpen-Komplexes bei der Tour 2023. Mit zunehmenden Schwierigkeiten endet dieses Teilstück oberhalb von Saint-Gervais im Dunstkreis des Mont Blancs. Das erweiterte Finale wird mit dem eingeleitet, was im Profil wie 2 Höcker eines Trampeltieres aussieht – Col de la Croix Fry und Col des Aravis. Anschließend geht es auf einer Hochebene bis Megève, dann runter nach Domancy und dann den zweigestuften Schlussanstieg über Côte des Amerands hoch nach Saint-Gervais. Die 2,7 Kilometer zur Côte des Amerands sind im Schnitt satte 10,9 % steil und dürften vor dem unmittelbar folgenden letzten ansteigenden 7 Kilometern (Schnitt 7,7 %) schon ordentlich vorsortieren. Diese wiederum führen von Saint-Gervais ins 546 Meter höher gelegene Le Bettex.

Es folgt der zweite rennfreie Tag bei dieser Tour de France 2023, der wie der erste ohne riesigen Transfer auskommt. Man bleibt in der Gegend um Saint-Gervais am Mont-Blanc.

14. Etappe ◄ So 16. Juli: 15. Etappe ► 16. Etappe

Tour de France 2023
15. Etappe (179,0km)
von Les Gets 13:20
nach Saint-Gervais 18:17

S -km107 15:00 Bluffy
1 -km97 15:25 Col de la Forclaz de Montmin
1 -km55 16:42 Col de la Croix Fry
3 -km46 16:55 Col des Aravis
2 -km9 17:56 Côte des Amerands
1 -km0 18:17 Saint-Gervais Le Bettex

Etappensieg:
Wout Poels (NED)

Gelbes Trikot:
Jonas Vingegaard (DEN)

Grünes Trikot:
Jasper Philipsen (BEL)

Bergtrikot:
Giulio Ciccone (ITA)

Jungprofi-Trikot:
Tadej Pogacar (SLO)

Teamwertung:
Jumbo-Visma

Radsport-Seite.de, Homepage / Tour de France / Tour de France 2023 / Tour de France 2023, 15. Etappe (Les Gets - Saint-Gervais)