Tour de France 2023 - 1. Etappe

Sa 1. Juli: 1. Etappe ► 2. Etappe

Yates-Zwillinge voraus in Bilbao

Adam Yates (UAE) gewann die 1. Etappe der Tour de France 2023 und damit auch das erste Gelbe Trikot. Auf den letzten 9 Kilometern absolvierte der 30-jährige Brite mit seinem wenige Minuten älteren Zwillingsbruder Simon Yates (UAE) den Weg zum Ziel in Bilbao als Tandem. Auf dem leicht ansteigenden Schlusskilometer musste Simon an der 350-Meter-Marke abreißen lassen und verlor 4 Sekunden auf Adam. Dessen Teamkollege Tadej Pogacar sprintete aus der ersten Verfolgergruppe mit mehr als 2 Radlängen Vorsprung vor Thibaut Pinot (Groupama) auf den 3. Platz – 12 Sekunden hinter dem siegreichen Teamkollegen.

Im letzten Anstieg, Côte de Pike, ging bereits das Säbelrasseln zwischen den beiden Top-Favoriten auf den Gesamtsieg los. Pogacar, lanciert von Adam Yates, und Jonas Vingegaard (Jumbo) überquerten zuerst über den Gipfel 9,6 Kilometer vorm Ziel. Mit den beiden hielt sensationell nur Victor Lafay (Cofidis) mit. Erste Verfolger waren die Yates-Brüder, Skjelmose (Trek) und Gaudu (Groupama), dann als Solist Hindley (Bora), gefolgt von einem Schwung weiterer Fahrer.

Eingangs der Abfahrt liefen diese Fahrer wieder schnell zusammen. Noch während dies passierte, löste sich Adam Yates nach vorne und erhielt das Okay von seinem Kapitän Pogacar. Nur Yates sprang Yates hinterher. Die beiden eineiigen Zwillinge waren sich einig und mussten sich gegen ein Duo aus Kelderman und Kuss behaupten, die für Vingegaard und van Aert die Verfolgung organisierten. In der mäßigen Schlusssteigung fuhr Adam seinen Bruder einfach von vorne aus den Schuhen. In der Verfolgergruppe eröffnete Pinot den Sprint und wurde überflügelt von Pogacar, der beim Überqueren der Ziellinie ebenfalls die Arme zum Jubeln nach oben riss.

Neben den bereits genannten Fahrern schafften noch Woods (Israel), Landa (Bahrain) und Carlos Rodriguez (Ineos) den Sprung in die Gruppe zwischen Platz 3 und 14. Die nächste Gruppe kam 33 Sekunden hinter dem Sieger ins Ziel. Darin vertreten waren unter anderem der von vorn zurückgefallene Kuss, Ex-Gesamtsieger Bernal, Pidcock (beide Ineos), O'Connor (AG2R), Bardet (DSM), Buchmann (Bora), Alaphilippe (Soudal) und van der Poel (Alpecin). Aus dem erweiterten Kreis der Podest-Anwärter stürzten Carapaz (EF) und Mas (Movistar) in der vorletzten Abfahrt. Carapaz erreichte noch mit riesigem Rückstand das Ziel. Mas gab bereits an Tag 1 auf.

Ergebnis
 1. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates             4:22:49
 2. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula                +0:04
 3. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +0:12
 4. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ
 5. Michael Woods (CAN)        - Israel-Premier Tech
 6. Victor Lafay (FRA)         - Cofidis
 7. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe
 8. Mattias Skjelmose (DEN)    - Lidl-Trek
 9. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma
10. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ              alle
11. Wout van Aert (BEL)        - Jumbo-Visma
12. Mikel Landa (ESP)          - Bahrain Victorious       gleiche
13. Carlos Rodriguez (ESP)     - Ineos Grenadiers
14. Wilco Kelderman (NED)      - Jumbo-Visma               Zeit
15. Corbin Strong (NZL)        - Israel-Premier Tech        +0:33
16. Alex Aranburu (ESP)        - Movistar
17. Maxim van Gils (BEL)       - Lotto-Dstny
...
21. Louis Meintjes (RSA)       - Intermarché-Circus
22. Romain Bardet (FRA)        - DSM
23. Egan Bernal (COL)          - Ineos Grenadiers
24. Emanuel Buchmann (GER)     - Bora-Hansgrohe            alle
25. Julian Alaphilippe (FRA)   - Soudal-Quick Step
27. Guillaume Martin (FRA)     - Cofidis
29. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos-Grenadiers
31. Sepp Kuss (GBR)            - Jumbo-Visma
32. Jack Haig (AUS)            - Bahrain-Victorious       gleiche
33. Ben O'Connor (AUS)         - AG2R-Citroën
35. Giulio Ciccone (ITA)       - Lidl-Trek
36. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën
37. Mathieu van der Poel (NED) - Alpecin-Deceuninck
39. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain Victorious        Zeit
43. Juan Pedro Lopez (ESP)     - Lidl-Trek                   +0:52
56. Daniel Martinez (COL)      - Ineos Grenadiers            +3:13
70. Rigoberto Uran (COL)       - EF Education-Easypost       +5:36
91. Alexej Luzenko (KAZ)       - Astana-Kasachstan           +9:42
- 175 Fahrer klassiert
DNF Enric Mas (ESP)            - Movistar

Adam Yates setzte sich an die Spitze der Gesamtwertung mit 8 Sekunden vor Simon Yates, 18 vor Pogacar und 22 Sekunden vor Pinot und den nächsten Fahrern, weil hier noch die 10, 6 und 4 Sekunden Zeitgutschrift für die Top-3 im Ziel einflossen. Adam Yates und Pogacar legten also einen Auftakt hin, wie er fürs Team besser kaum laufen konnte.

Gesamtwertung
 1. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates             4:22:39
 2. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula                +0:08
 3. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +0:18
 4. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ               +0:22
 5. Michael Woods (CAN)        - Israel-Premier Tech        +0:22
 6. Victor Lafay (FRA)         - Cofidis                    +0:22
 7. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             +0:22
 8. Mattias Skjelmose (DEN)    - Lidl-Trek                  +0:22
 9. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma                +0:22
10. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ               +0:22

Zeitig nach dem scharfen Start formierten sich 5 Ausreißer zur ersten Spitzengruppe des Tages bei dieser Tour de France 2023: Lilian Calmejane (Intermarché), Simon Guglielmi (Arkéa), Pascal Eenkhoorn (Lotto), Jonas Gregaard (Uno-X) und Valentin Ferron (Totalenergies). Am ersten Bergpreis attackierte Gregaard früh und erfolgreich für die 2 Punkte. Eenkhoorn kam nicht mehr heran. Als es Gregaard beim nächsten Bergpreis in gleicher Manier versuchte, passten die anderen auf, und Eenkhoorn gewann vorn vorne.

Fürs Bergtrikot war dies jedoch letztlich unerheblich, weil das Quintett schon über 50 Kilometer vorm Ziel gestellt wurde. Den Zwischensprint nahmen sie zuvor noch in Front mit. Auch hier gewann Eenkhoorn scheinbar mühelos vor dem wild sprintenden Guglielmi. Vorsorglich fürs Grüne Trikot sprintete aus dem Hauptfeld Mads Pedersen (Lidl) auf den 6. Platz für die meisten verbliebenen Punkte.

Den nächsten Anstieg fuhr niemand vorne heraus. Hinten allerdings fielen bereits etliche Fahrer zurück. Oben gab es nur einen Punkt, den Abrahamsen (Uno-X) im Vorbeigehen mitnahm. Ums Bergtrikot ging es also am vorletzten Bergpreis, weil dort mit 5 die mit Abstand am meisten Punkte ausgelobt waren. Neilson Powless (EF) fuhr lange von vorne. Am Hinterrad meldet Zimmermann (Intermarché) Ansprüche an, verschlief aber oben den Sprint, so das Powless ins rot-gepunktete Bergtrikot schlüpfte.

Bergwertung
 1. Neilson Powless (USA)      - EF Education-Easypost       5 p.
 2. Pascal Eenkhoorn (NED)     - Lotto-Dstny                 3
 3. Georg Zimmermann (GER)     - Intermarché-Circus          3
 4. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates                2
 5. Jonas Gregaard (DEN)       - Uno-X                       2
 6. Esteban Chaves (COL)       - EF Education-Easypost       2

Das Vorderfeld war nun auf etwa ein Drittel der 176 Starter geschrumpft. In der Abfahrt ereignete sich der fatale Sturz mit Richard Carapaz und Enric Mas. Ein halbes Jahr qualvolle Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt zerschellte damit für die beiden jeweils teuersten Fahrer ihrer Teams schon vor dem Ende der 1. von 21 Etappen. Mit leerem Blick und einer Schulterverletzung stieg Mas erst gar nicht mehr aufs Rad. Carapaz sattelte nach mehreren Minuten auf dem Boden doch noch auf und kam in Bilbao mit über einer Viertelstunde Rückstand an.

In den letzten Anstieg heizten Pogacars Helfer hinein. Großschartner tat dies sogar so schnell, dass er sich kurzzeitig löste. Ein nachfolgende Attacke durch Burgaudeau (Totalenergies) war schnell vereitelt. Durch das enge Zuschauerspalier hindurch klaffte dann eine Lücke hinter Adam Yates, Pogacar, Vingegaard und Lafay. Adam scherte nach eine Weile aus, blieb aber mit seinem aufschließenden Bruder Simon auf Sichtweite zum Spitzentrio, das Pogacar anführte.

Pogacar vereitelte auch eine Attacke des überraschend superstarken Lafay, wohingegen Vingegaard und sein Team sich in die Defensive gedrängt sahen. Letztlich bekamen sie zu Viert die stärkeren Adam Yates und Pogacar nicht in den Griff, wobei Adam Yates Schützenhilfe seines Zwillingsbruders erhielt, der immer noch bei dem Team unter Vertrag steht, für das beide die ersten 7 Karriere-Jahre gemeinsam fuhren, ehe sich ihre Wege trennten.

Vorschau auf diese Etappe: Die Tour de France 2023 wird im Baskenland mit einer hügligen 1. Etappe en ligne rund um Bilbao eröffnet. Die Strecke führt nord-nordöstlich von Bilbao im Uhrzeigersinn bis an die Biskaya-Küste. Wieder längst im Landesinnern, nur 9,6 Kilometer vorm Ziel, baut sich der 2 Kilometer lange und durchschnittlich 10 % steile Côte de Pike auf. Spätestens das wird die reinen Sprinter ausknocken. Die Frage wird vielleicht sogar eher schon sein, welche Klassikerjäger überhaupt mit den besten Klassementfahrern mithalten können – im Kampf um den ersten Tagessieg und damit auch das erste Gelbe Trikot bei der Tour 2023?
Ein zunächst angekündigter Bonussprint an der Côte de Pike wurde kurz vor der Tour de France leider wieder aus dem Programm genommen. Der letzte Kilometer in Bilbao steigt von 24 auf 68 Meter an, beginnt kurvig und endet nach langem Rechtsbogen mit einer nur 150 Meter langen Zielgeraden.

Sa 1. Juli: 1. Etappe ► 2. Etappe