Paris-Roubaix 2024

(FRA/1.UWT) - Siegerliste Paris-Roubaix

Van der Poel 60 Kilometer weit voraus

Mathieu van der Poel (Alpecin) triumphierte bei Paris-Roubaix 2024 erneut als Solist, und zwar wie eine Woche zuvor bei der Flandern-Rundfahrt im Regenbogen-Trikot des Weltmeisters in überlegener und ungefährdeter Manier. Der Vorjahressieger krönte als haushoher Favorit eine überragende Vorstellung des gesamten Teams mit einer 60-Kilometer-Solofahrt zum Sieg. Ebenfalls wie im Vorjahr machte Jasper Philipsen (auch Alpecin) den Doppelerfolg perfekt. Im Dreiersprint im Velodrom von Roubaix setzte er sich um den 2. Platz vor Mads Pedersen (Lidl) und Nils Politt (UAE) durch – exakt 3 Minuten hinter dem entfesselten van der Poel.

Das Hauptfeld war schon früh, während und zwischen den ersten der 29 Kopfsteinpflaster-Sektoren ordentlich ausgedünnt. Van der Poels Team drückte dem Rennen von Beginn weg mit kompromissloser Tempoarbeit den Stempel auf. Wenn doch einmal jemand anders attackierte, hatte er sofort einen Teamkollegen von van der Poel an den Hacken. Der 29-jährige Niederländer toppte bei Rückenwind mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 47,8 km/h noch einmal seinen Rekord aus dem Vorjahr um ein km/h! Zuzüglich des Sieges von Philipsen bei Mailand-Sanremo räumte das Team damit alle 3 bisherigen Monumente der Saison 2024 ab.

Es war also ein Rückenwind-Roubaix. Trotzdem bildete sich nach einiger Springerei schon nach weniger als 25 Kilometern die Spitzengruppe des Tages, die allerdings keine nennenswerte Rolle spielen sollte. 7 Fahrer hatten sich gelöst: Per Strand Hagenes (Visma), Rasmus Tiller (Uno-X), Kasper Agreen (Soudal), Marco Haller (Bora), Liam Slock (Lotto), Gleb Syritsa (Astana) und Kamil Malecki (Q36.5). Dusan Rajovic (Bahrain) und Dries de Bondt (Decathlon) setzten nach.

Vielleicht oder sogar wahrscheinlich wären diese Ausreißer gar nicht mal weggekommen, wenn sich nicht kurz nach der Attacke ein Massensturz ereignet hätte. Die Lücke ging dadurch etwas weiter auf. Allerdings drückten van der Poels Helfer den Rückstand schon bald wieder deutlich unter 2 Minuten. 180 Kilometer vorm Ziel erreichte das Verfolgerduo das Spitzenseptett nach langer Jagd. Das erste Pflasterstück enterte die Spitzengruppe nach knapp 100 Rennkilometern 90 Sekunden vor dem Hauptfeld.

Nach viel Regen in der Vorwochen blieb es am Renntag regenfrei. Und auch in den Tagen davor hatte es weniger geregnet, wovon noch vereinzelte tiefe Pfützen links und rechts der Pflastersteine zeugten. Schon 151 Kilometer vorm Ziel gab es die erste größere Selekton auf einem dem Seitenwind ausgesetzten Pflasterstück. 10 Kilometer später waren bereits alle frühen Ausreißer gestellt. Zwischen den Pflasterstücken bildeten sich für einige Minuten Windstaffeln.

So fuhr ein bereits arg dezimiertes Hauptfeld dem Wald von Arenberg entgegen, der eigentlich ersten Schlüsselstelle. Diese hatte im Vorfeld für viele Diskussionen gesorgt. Denn wenige Tage vor dem Rennen wurde bekannt, dass auf Betreiben der Fahrer-Gewerkschaft eine Schikane unmittelbar vor dem wohl schwersten Pflasterstück eingebaut wurde. Die Rechts-Spitzkehren-Links-Kombination sollte das Tempo auf fast Schrittgeschwindigkeit reduzieren, anstatt wie bisher mit 60 Sachen in das zunächst abschüssige Pavé zu rauschen.

Bereits im Wald von Arenberg konnte sich van der Poel leicht lösen. In Schlagweite blieben nur Pedersen, Philipsen und der beeindruckende Tim van Dijke (Visma), der die Fahnen seines im Vorfeld schwer gebeutelten Teams gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder hoch hielt. Aus dem Spitzenquartett hatte dann Philipsen Schaden und fiel hinter die Verfolgergruppe zurück, die daraufhin das kurzzeitige Spitzentrio einholte.

Van der Poel, Vermeersch (auch Alpecin), Mick van Dijke, Pedersen, Küng, Pithie (beide Groupama), Waerenskjold (Uno-X), Politt, Wellens (auch UAE), Pidcock (Ineos), Meeus (Bora), Bissegger (EF) und Jacobs (Movistar) waren nun vorn. Es folgte eine Phase mit vielen Defekten, die von denen durch Degenkolb (DSM) und eben Philipsen ausgangs von Arenberg eingeläutet wurde. Denn im schnell darauf folgenden Pflastersektor traf es unter anderem Pedersen und Jordi Meeus.

Im Asphalt-Abschnitt danach probierte es dann Gianni Vermeersch (Alpecin), der einzige verbliebene Helfer von van der Poel und Philipsen, 87 Kilometer vorm Ziel. Seiner Attacke schlossen sich Politt und Stefan Küng an, denen Vermeersch fortan auf dem Gepäckträger saß. Die ersten Verfolger um van der Poel schauten sich an, so dass die nächste größere Verfolgergruppe um Pedersen und dessen stärksten Helfer Vacek wieder aufschließen konnte.

Das Trio an der Spitze konnte nie mehr als 30 Sekunden Vorsprung herausfahren. 69 Kilometer vorm Ziel war es gestellt. Den Konter von Wellens (UAE), dem sich Hagenes anschloss, neutralisierte erneut Vermeersch durch seine Anwesenheit. So lagen 60 Kilometer vorm Ziel 28 Fahrer an der Spitze: van der Poel, Philipsen, Vermeersch, Hagenes, Mick van Dijke, Tim van Dijke, Pedersen, Vacek, Küng, Pithie, Askey (auch Groupama), Degenkolb, Mihkels, Page (beide Intermarché), Waerenskjold, Tiller (auch Uno-X), Politt, Wellens, Pidcock, Wright (Bahrain), Meeus, Bissegger, Jacobs, van Gestel (Totalenergies), Slock, Beullens (auch Lotto), Fedorow (Astana) und Malecki.

Dann folgte einmal mehr die große und lange Soloflucht-Show des Mathieu van der Poel. Sogar noch 2 Sektoren vor Mons-en-Pévèle, also in Orchies, drehte der Weltmeister den Gashahn auf und wurde bis zum Velodrom nicht mehr von der Konkurrenz gesehen. Er fuhr zunächst 10 Sekunden Vorsprung heraus, und das war es. Denn unter den übrigen Verfolgern begann nun schon die Springerei, die Philipsen und Vermeersch wie aus dem Lehrbuch für van der Poel neutralisierten. 50 Kilometer vor dem Ziel war es schon eine Minute.

Im Sektor Mons-en-Pévèle führte Politt die Vorentscheidung um die verbleibenden Podestplätze rund 47 Kilometer vorm Ziel herbei. Seiner Beschleunigung konnten zunächst nur Philipsen und Pedersen folgen. Ausgangs des 3-Kilometer-Sektors waren auch noch Stefan Küng und Laurence Pithie dran. Tim van Dijke verpasste die Auslese als erster Fahrer nur knapp.

Im zweigeteilten Sektor von Templeuve stürzte Pithie eingangs des 2. Teils an der Spitze der Verfolgergruppe, inzwischen 2 Minuten hinter van der Poel und eine halbe Minute vor den nächsten Verfolgern. Von denen setzte sich in der Folgezeit Vermeersch als Solist ab und holte Pithie ein. Im Sektor von Gruson, dem drittletzten und bereits eher harmlosen, zog Philipsen an. Der Vorsprung seines Co-Kapitäns van der Poel betrug inzwischen wie auch später im Ziel 3 Minuten. Dies kostete Küng den Anschluss.

Van der Poel war längst im Ziel, als das Verfolgertrio für die anderthalb Runden auf die Radrennbahn einbog, mit Pedersen vor Philipsen und Politt. Vor der Schlusskurve stach Politt innen durch und eröffnete den Sprint. Die Kräfteverhältnisse im Sprint waren aber sowohl auf dem Papier als auch in der Realität zu klar verteilt. Küng belegte wenige Sekunden dahinter den 5. Platz. Vermeersch spintete Pithie um den 6. Platz ab und komplettierte ein Traum-Ergebnis für sein Team.

Im Velodrom entkam Tim van Dijke der nächsten 9-köpfigen Verfolgergruppe für den 8. Platz. Im Sprint um den 9. Platz setzte sich Meeus vor Waerenskjold durch. John Degenkolb, außer van der Poel tatsächlich der einzige Ex-Sieger im Rennen, schloss auf dem 12. Platz ab. Van Dijke wurde allerdings hinterher auf der 16. Platz hinter die Gruppe relegiert, weil er auf der Radrennbahn im Innenoval abgekürzt hatte. So rückte der zunächst Elftplatzierte Mihkels noch in die Top-Ten auf.

 

So 7. April, Compiègne - Roubaix
Ergebnis der 121. Auflage Paris-Roubaix (259,7km)
 1. Mathieu van der Poel (NED) - Alpecin-Deceuninck       5:25:58
 2. Jasper Philipsen (BEL)     - Alpecin-Deceuninck         +3:00
 3. Mads Pedersen (DEN)        - Lidl-Trek                gl.Zeit
 4. Nils Politt (GER)          - UAE-Emirates             gl.Zeit
 5. Stefan Küng (SUI)          - Groupama-FDJ               +3:15
 6. Gianni Vermeersch (BEL)    - Alpecin-Deceuninck         +3:47
 7. Laurence Pithie (NZL)      - Groupama-FDJ               +3:48
 8. Jordi Meeus (BEL)          - Bora-Hansgrohe             +4:47
 9. Søren Waerenskjold (NOR)   - Uno-X
10. Madis Mihkels (EST)        - Intermarché-Wanty
11. John Degenkolb (GER)       - DSM-PostNL                alle
12. Fred Wright (GBR)          - Bahrain Victorious
13. Dries van Gestel (BEL)     - Totalenergies            gleiche
14. Jewgeni Fedorow (KAZ)      - Astana-Kasachstan
15. Tim Wellens (BEL)          - UAE-Emirates              Zeit
16. Tim van Dijke (NED)        - Visma-Lease a Bike         +4:45
17. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos Grenadiers           +6:20
18. Kamil Malecki (POL)        - Q36.5                      +6:22
19. Mick van Dijke (NED)       - Visma-Lease a Bike       gl.Zeit
20. Liam Slock (BEL)           - Lotto-Dstny              gl.Zeit
21. Alexander Kristoff (NOR)   - Uno-X                      +6:28
22. Mike Teunissen (NED)       - Intermarché-Wanty         alle
23. Jenthe Biermans (BEL)      - Arkéa-B&B Hotels
24. Oliver Naesen (BEL)        - Decathlon-AG2R           gleiche
25. Christophe Laporte (FRA)   - Visma-Lease a Bike
26. Stefan Bissegger (SUI)     - EF Education-Easypost     Zeit
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In der Startliste für Paris-Roubaix 2024 stehen die 18 WorldTour-Teams sowie die aufgrund der Vorjahres-Weltrangliste qualifizierten ProTeams Lotto-Dstny, Israel-Premier Tech und Uno-X sowie wie die vom Veranstalter mit Wildcard versehenen ProTeams Bingoal-WB, Q36.5, Flanders-Baloise und Totalenergies. Es dürfen also wieder 25 Rennställe in die Hölle des Nordens.

Strecken-Vorschau

In der Strecke von Paris-Roubaix sind 2024 wieder 29 knüppelharte Kopfsteinpflaster-Sektoren zu bewältigen. Die letzten 20 davon sind identisch zum Vorjahr. Ingesamt kommen dabei 55,7 Kilometer auf Kopfsteinpflaster zusammen. Den mit 5 Sternen höchsten Schwierigkeitsgrad weisen wie gewohnt die Pavé-Sektoren im Wald von Arenberg, in Mons-en-Pévèle und an der Carrefour de l'Arbre auf.

Weniger als eine Woche vor dem Rennen machte der Veranstalter Schlagzeilen, indem er eine Modifizierung der Anfahrt auf den Wald von Arenberg (eigentlich Schneise von Arenberg) ankündigte. Eine Schikane soll das Fahrerfeld abbremsen, damit dieses nicht mit Hochgeschwindigkeit in das abschüssige, ikonischste Pflasterstück einfährt. In der Vergangenheit war es dort, etwas 100 Kilometer vorm Ziel, immer wieder zu Vorentscheidungen und auch schweren Stürzen gekommen. Die Positionierung in der Anfahrt ist immer entsprechend umkämpft. Ob diese Maßnahme die Stürze reduziert, darf zumindest angezweifelt werden.

 

Pavé-Sektoren 2024 (Länge in km)             km-   Zeit
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29. Troisvilles - Inchy (2,2)               163,7  13:36  ***
28. Viesly - Quiévy (1,8)                   157,2  13:45  ***
27. Quiévy - Saint-Python (3,7)             154,6  13:48  ****
26. Viesly - Biastre (3,0)                  148,4  13:57  ***
25. Vertain - St-Martin-sur-Écaillon (2,3)  137,1  14:12  ***
24. Capelle - Ruesnes (1,7)                 130,4  14:21  ***
23. Artres - Quérénaing (1,3)               121,4  14:34  **
22. Quérénaing - Maing (2,5)                119,6  14:36  ***
21. Maing - Monchaux-sur-Écaillon (1,6)     116,5  14:40  ***
20. Haveluy - Wallers (2,5)                 103,5  14:58  ****
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19. Wald von Arenberg (2,3)                  95,3  15:09  *****
18. Wallers - Hélesmes (1,6)                 89,3  15:17  ***
17. Hornaing - Wandignies (3,7)              82,5  15:27  ****
16. Warlaing - Brillon (2,4)                 75,0  15:37  ***
15. Tilloy - Sars-et-Rosières (2,4)          71,5  15:42  ****
14. Beuvry-la-Forêt - Orchies (1,4)          65,2  15:50  ***
13. Orchies (1,7)                            60,2  15:57  ***
12. Auchy-lez-Orchies - Bersée (2,7)         54,1  16:05  ****
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11. Mons-en-Pévèle (3,0)                     48,6  16:13  *****
10. Mérignies - Avelin (0,7)                 42,6  16:21  **
 9. Pont-Thibault - Ennevelin (1,4)          39,2  16:26  ***
 8. Templeuve (L'Epinette) (0,2)             33,8  16:33  *
    Templeuve (Moulin-de-Vertain) (0,5)      33,3  16:34  **
 7. Cysoing - Bourghelles (1,3)              26,9  16:42  ***
 6. Bourghelles - Wannehain (1,1)            24,4  16:46  ***
 5. Camphin-en-Pévèle (1,8)                  19,9  16:52  ****
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 4. Carrefour de l'Arbre (2,1)               17,2  16:56  *****
 3. Gruson (1,1)                             14,9  16:59  **
 2. Willems - Hem (1,4)                       8,2  17:08  **
 1. Roubaix (0,3)                             1,4  17:17  *
Zielankunft im Vélodrome von Roubaix:
Kilometer 259,7 ca. 17:19
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Uhrzeiten nach mittlerer prognostizierter Durchschnittsgeschwindigkeit (44 km/h) – es kann also auch früher oder später werden. Los geht's in Compiège um 11:10, und der scharfe Start erfolgt gegen 11:25 Uhr.

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