Giro d'Italia 2020 - 10. Etappe

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Endlich Sagan – und wie!

Ein Jahr und 3 Monate sieglos – was hatte man sich das Maul zerrissen über Peter Sagan (Bora). Und nun feierte der 30-jährige Slowake auf der 10. Giro-Etappe 2020 in Tortoreto einen der beeindruckendsten Siege seine großen Karriere. Er initiierte die 7-köpfige Flucht des Tages, schüttelte in den steilen Anstiegen der verregneten Schlussphase alle Mitausreißer ab und brachte als Solist einen kleinen Vorsprung vor den besten Klassementfahrern ins Ziel.

Von denen attackierte McNulty (UAE) 4 Kilometer vorm Ziel für den 2. Platz – 19 Sekunden hinter Sagan und 4 vor einer nur 12-köpfigen Gruppe, die vom Gesamtführenden João Almeida (Deceuninck) für den 3. Platz und 4 Bonussekunden über die Linie geführt wurde. Zuvor hatte der Gesamtzweite Pello Bilbao (Bahrain) 23 Kilometer vorm Ziel attackiert, zeitweise eine halbe Minute herausgeholt und Sagan auf Sichtweite. Bilbao wurde jedoch wieder gestellt, als noch 5 Kilometer zu fahren waren.

Fuglsang und Vanhoucke verlieren Zeit

Verlierer in der Gesamtwertung waren Jakob Fulgsang (Astana), der wegen eines Defekts 9 Kilometer vorm Ziel 1:15 Minuten verlor, und Harm Vanhoucke (Lotto), der keine guten Tag erwischte und fast 4 Minuten einbüßte. Schon vor der 10. Etappe verließen wegen positiver Covid-19-Tests mehrere Fahrer den Giro d'Italia, darunter mit Steven Kruijswijk (Jumbo) einer der im Vorfeld mit am höchsten gewetteten Klassementfahrer.

 

Ergebnis
 1. Peter Sagan (SVK)          - Bora-Hansgrohe           4:01:56
 2. Brandon McNulty (USA)      - UAE-Emirates               +0:19
 3. João Almeida (POR)         - Deceuninck-Quick Step      +0:23
 4. Ben Swift (GBR)            - Ineos
 5. Jai Hindley (AUS)          - Sunweb
 6. Rafal Majka (POL)          - Bora-Hansgrohe
 7. Patrick Konrad (AUT)       - Bora-Hansgrohe
 8. Wilco Kelderman (NED)      - Sunweb
 9. Domenico Pozzovivo (ITA)   - NTT
10. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain-McLaren           alle
11. Tao Geoghegan Hart (GBR)   - Ineos
12. Vincenzo Nibali (ITA)      - Trek-Segafredo           gleiche
13. Hermann Pernsteiner (AUT)  - Bahrain-McLaren
14. Fausto Masnada (ITA)       - Deceuninck-Quick Step     Zeit
15. Tanel Kangert (EST)        - EF                         +0:50
16. Ilnur Sakarin (RUS)        - CCC                       alle
17. Antonio Pedrero (ESP)      - Movistar                 gleiche
18. Jhonatan Narváez (ECU)     - Ineos                     Zeit
19. Nico Denz (GER)            - Sunweb                     +1:38
20. Diego Ulissi (ITA)         - UAE-Team Emirates        gl.Zeit
21. Jakob Fuglsang (DEN)       - Astana                   gl.Zeit
...
36. Harm Vanhoucke (BEL)       - Lotto-Soudal               +3:59
- 144 Fahrer klassiert.
DNF Ramon Sinkeldam (NED)      - Groupama-FDJ
DNS Jack Haig (AUS)            - Mitchelton-Scott
DNS Lucas Hamilton (AUS)       - Mitchelton-Scott
DNS Michael Hepburn (AUS)      - Mitchelton-Scott
DNS Damien Howson (AUS)        - Mitchelton-Scott
DNS Cameron Meyer (AUS)        - Mitchelton-Scott
DNS Lawson Craddock (USA)      - EF
DNS Steven Kruijswijk (NED)    - Jumbo-Visma
DNS Koen Bouwman (NED)         - Jumbo-Visma
DNS Tobias Foss (NOR)          - Jumbo-Visma
DNS Chris Harper (AUS)         - Jumbo-Visma
DNS Tony Martin (GER)          - Jumbo-Visma
DNS Christoph Pfingsten (GER)  - Jumbo-Visma
DNS Antwan Tolhoek (NED)       - Jumbo-Visma
DNS Jos van Emden (NED)        - Jumbo-Visma
DNS Michael Matthews (AUS)     - Sunweb

 

Corona-Alarm beim Giro – der Anfang vom Ende?

Nachdem die Tour de France ohne größere Corona-Zwischenfälle durchkam, geht es jetzt also beim Giro rund: Am Ruhetag wurden von den Fahrern Kruijswijk und Michael Matthews (Sunweb) positiv auf Covid-19 getestet, außerdem 4 Mitarbeiter von Mitchelton-Scott sowie je einer AG2R und Ineos. Mitchelton musste daraufhin das gesamte Team vom Giro 2020 zurückziehen. Zuvor war bereits der Kapitän des Teams, Simon Yates, vor der 8. Etappe nach einem positiven Test herausgenommen worden. Das Team Jumbo reiste freiwillig komplett ab. Sunweb, AG2R und Ineos blieben hingegen dabei. Mit Yates, Kruijswijk und Matthews traf es bisher ausgerechnet 3 Kapitäne, deren Leistungen in der ersten Giro-Woche etwas unter den Erwartungen blieben – Zufall?

Almeida baut durch Bonussekunden sogar aus

Jedenfalls bekamen alle Fahrer noch einmal in Erinnerung gerufen, dass der Giro 2020 von heute auf morgen vorzeitig vorbei sein – sei es für einzelne Fahrer, ganze Teams oder vielleicht sogar die ganze Veranstaltung. Entsprechend offensiv wurde die 10. Etappe gefahren. Almeidas Rosa Trikot geriet durch die Attacke von Bilbao in Gefahr. Doch am Ende holte Almeida durch den 3. Platz sogar 4 Sekunden heraus und baute seinen Vorsprung vor Wilco Kelderman (Sunweb) auf 34 Sekunden und vor Bilbao auf 43 Sekunden aus.

Pozzovivo (NTT) und Nibali (Trek) hielten den 4. und 5. Platz mit nun 57 und 61 Sekunden Rückstand aufs Rosa Trikot. Dabei hatte Pozzovivo auf der 10. Etappe ordentlich Schub in den Beinen, wurde aber ausgerechnet kurz nach Bilbaos Attacke von einem platten Reifen ausgebremst. Seine scheinbar leichtfüßige Rückkehr in die Gruppe in die arg geschrumpfte Gruppe der Klassementbesten und eine Attacke im letzten Anstieg ließen sein aktuelles Potenzial erahnen.

Fuglsang fiel vom 6. auf den 11. Platz. Sein Rückstand zum Rosa Trikot vergrößerte sich auf 2:02 Minuten. Den 6. Platz nahm Patrick Konrad (Bora) ein. Mit Hermann Pernsteiner (Bahrain) stieß ein weiterer Österreicher in die Top-Ten. Für Vanhoucke ging es von Platz 7 auf 16. Der wegen des Coronavirus ausgeschiedene Kruijswijk hatte vor der 10. Etappe den 11. Platz mit 1:24 Minuten Rückstand belegte, war also noch durchaus auf Schlagdistanz nach ganz vorne.

 

Gesamtwertung
 1. João Almeida (POR)         - Deceuninck-Quick Step   39:38:05
 2. Wilco Kelderman (NED)      - Sunweb                     +0:34
 3. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain-McLaren            +0:43
 4. Domenico Pozzovivo (ITA)   - NTT                        +0:57
 5. Vincenzo Nibali (ITA)      - Trek-Segafredo             +1:01
 6. Patrick Konrad (AUT)       - Bora-Hansgrohe             +1:15
 7. Jai Hindley (AUS)          - Sunweb                     +1:19
 8. Rafal Majka (POL)          - Bora-Hansgrohe             +1:21
 9. Fausto Masnada (ITA)       - Deceuninck-Quick Step      +1:36
10. Hermann Pernsteiner (AUT)  - Bahrain-McLaren            +1:52
11. Jakob Fuglsang (DEN)       - Astana                     +2:20
12. Ilnur Sakarin (RUS)        - CCC                        +2:27
13. Brandon McNulty (USA)      - UAE-Emirates               +2:39
14. Tao Geoghegan Hart (GBR)   - Ineos                      +2:45
15. Antonio Pedrero (ESP)      - Movistar                   +2:58
16. Harm Vanhoucke (BEL)       - Lotto-Soudal               +4:42
17. Sergio Samitier (ESP)      - Movistar                   +5:25
18. James Knox (GBR)           - Deceuninck-Quick Step      +5:32
19. Jonathan Castroviejo (ESP) - Ineos                      +6:13
20. Aurél. Paret-Peintre (FRA) - AG2R La Mondiale           +6:21

 

In einer aufreibenden ersten Etappenhälfte wehrten sich schließlich 7 Fahrer gegen das Hauptfeld, das von Arnaud Démares (Groupama) Helfern angeführt wurde. Denn diese fürchteten – zurecht – ein schrumpfendes Polster in der Punktewertung für den führenden Démare gegenüber Sagan. Démare schaltete sich sogar selbst in die Tempoarbeit ein. Doch sie bissen sich die Zähne am Spitzenseptett aus. Erst 89 Kilometer vorm Ziel, also nach fast ebenso vielen absolvierten Rennkilometern, steckten sie auf. Sagan holte für die Punktewertung die volle Ausbeute beim Zwischensprint und im Ziel.

 

Punktewertung
 1. Arnaud Démare (FRA)        - Groupama-FDJ              167 p.
 2. Peter Sagan (SVK)          - Bora-Hansgrohe            147
 3. Filippo Ganna (ITA)        - Ineos                      51
 4. João Almeida (POR)         - Deceuninck-Quick Step      41
 5. Davide Ballerini (ITA)     - Deceuninck-Quick Step      40
 6. Ben Swift (GBR)            - Ineos                      31
 7. Andrea Vendrame (ITA)      - AG2R La Mondiale           31

 

Der Vorsprung der Spitzengruppe vergrößerte sich nun schnell auf über 4 Minuten. Die einzige ruhige Phase der 10. Etappe sollte aber nur von kurzer Dauer sein. Denn im Hauptfeld begannen erst das Team von Ulissi (UAE) und dann das Team von Pozzovivo ihre Chance zu wittern und stiegen in die Nachführarbeit ein. Dazu setzte Regen ein. Für Ulissi reichte es am Ende nicht ganz in die Gruppe der Klassementbesten. Dafür fuhr McNulty das Ergebnis ein. Die Großoffensive von Pozzovivo blieb wegen des Defekts aus.

Wehrhaftes Spitzenseptett um Sagan

Neben Sagan waren vorne Restrepo (Androni), Ganna, Swift (beide Ineos), Clarke (EF), Cataldo und Villella (beide Movistar) vertreten. Gemeinsam hatte sich das Septett beeindruckend gegen Démare und seine Helfer gewehrt. In dem mit 4 steilen Anstiege gespickten Etappen-Finale endete die Einigkeit. 42 Kilometer vorm Ziel eliminierte Cataldo mit seiner Attacke Ganna vorübergehend und Clarke endültig. Ganna kehrte 10 Kilometer später an die Spitze zurück. Innerhalb der letzten 10 Kilometer waren nur noch Sagan und Swift in Front. Swift musste 12,5 Kilometer vorm Ziel am bis zu 20 % steilen letzten Anstieg abreißen lassen. Eingeholt von der Verfolgergruppe belegte er im Sprint immerhin noch den 4. Platz im Ziel.

Bilbaos Angriff aufs Rosa Trikot

Aus der stark geschrumpften Gruppe der Klassementbesten attackierte Bilbao 23 Kilometer vorm Ziel. Der Rückstand zur da noch 6-köpfigen Spitze betrug nur noch unter eine halbe Minute. Als Solist sammelte Bilbao alle verbliebenen Ausreißer außer Sagan ein. Obwohl Bilbao zwischenzeitlich Sagan deutlich näher war als der Verfolgergruppe, schlug das Pendel auf den letzten 11 Kilometern gegen ihn. Über die Kuppe des letzten Anstiegs ging Sagan mit nur 12 Sekunden vor Bilbao und etwa noch einmal so viel vor der Favoritengruppe.

Vanhoucke hatte schon 19 Kilometer vorm Ziel endgültig abreißen lassen und musste den Schaden isoliert von Helfern begrenzen. Almeida im Rosa Trikot attackierte im letzten Anstieg selbst, um den Rückstand auf Bilbao zu verkürzen. Kelderman und Pozzovivo versuchten zu kontern, kamen aber ebenfalls nicht weg. In der triefend nassen Abfahrt wechselte Fuglsang nach seinem Defekt auf das Rad eines Teamkollegen. Sagan hielt bergab und im abschließenden Flachstück seinen Vorsprung vor der Verfolgergruppe, was Bilbao nicht gelang. Nach Bilbaos Einholung suchte der im Gesamtklassement nicht ganz so gefährlich McNulty seine Chance.

Sagan zelebrierte bei seinem späten Giro-Debüt, für das er 2020 die Nord-Klassiker sausen ließ, die Komplettierung seiner Sammlung aus Etappensiegen bei allen 3 großen Rundfahrten. Neben Etappensiegen bei Tour, Giro und Vuelta, 3 WM-Titeln und Triumphen bei den Monumenten Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix fehlt in Sagans Sammlung von den realistisch zu holenden großen Erfolgen eigentlich und ausgerechnet nur noch Mailand-Sanremo – ein Rennen, bei dem man ihm in der Vergangenheit eigentlich am meisten zugetraut hatte.


Etappen-Vorschau: Nach dem ersten rennfreien Tag geht es beim Giro 2020 in der Region weiter, wo man auch aufgehört hat – in den Abruzzen, allerdings nicht bergig, sondern äußerst hüglig. Dabei könnte man eigentlich zwischen dem Startort Lanciano und dem Zielort Tortoreto den flachen Weg an der Adria entlang nehmen. Doch das Streckenprofil der 10. Etappe gleicht insbesondere im letzten Drittel dem Blatt einer Säge, Abstecher ins Landesinnere und ein paar Schlussrunden nördlich von Tortoreto sei Dank. Der letzte dieser Zacken ist 11 Kilometer vom Ziel entfernt und steigt um bis zu 20 %.

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Giro d'Italia 2020
10. Etappe (177,0km)
von Lanciano 12:05
nach Tortoreto 16:25

4 -km130 13:16 Chieti
S -km67 14:42 Giulianova
4 -km57 15:01 Tortoreto
3 -km39 15:29 Colonnello
S -km33 15:37 Controguerra
4 -km11 16:11 Tortoreto

Etappensieg:
Peter Sagan (SVK)

Rosa Trikot:
João Almeida (POR)

Maglia Ciclamino:
Arnaud Démare (FRA)

Blaues Bergtrikot:
Ruben Guerreiro (POR)

Jungprofi-Wertung:
João Almeida (POR)
- wird vertreten von Hindley

Teamwertung:
Ineos

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