Tour de France 2023 - 9. Etappe

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Woods darf als Ausreißer am Vulkan

Michael Woods (Israel) gewann die 9. Tour-Etappe 2023 am Puy de Dôme. Der 36-jährige Kanadier überholte nur 500 Meter vor dem Ziel auf dem Vulkan Matteo Jorgenson (Movistar), der zuvor ein 48 Kilometer langes Solo hingelegt hatte. Beide stammten aus der 14-köpfigen Spitzengruppe des Tages. Die bestplatzierten Klassementfahrer schonten Helfer bis ins Finale hinein und schenkten so den prestigeträchtigen Sieg auf dem erstmals seit 1988 befahrenen Vulkan im Zentralmassiv ab. Von denen holte sich Tadej Pogacar (UAE) durch eine späte Attacke 1,5 Kilometer vorm Ziel weitere 8 Sekunden zurück gegen Jonas Vingegaard (Jumbo), der das Gelbe Trikot um 17 Sekunden verteidigte.

Pogacar holt 8 Sekunden gegen Vingegaard

Hinter dem siegreichen Woods belegte Pierre Latour (Totalenergies) den 2. Platz mit 28 Sekunden Rückstand. Er überholte wie auch Matej Mohoric (Bahrain) noch Jorgenson kurz vor der Linie. Die Klassementfahrer führte Pogacar mit 8:19 Minuten Rückstand auf Woods ab dem 13. Platz an. Hinter Pogacar und Vingegaard klaffte erneut eine zienlich große Lücke zu den nächsten Fahrern, wenn auch nicht so riesig wie auf der letzten Bergetappe.

Simon Yates (Jayco) und der überraschend starke Tom Pidcock (Ineos) verloren 51 Sekunden auf Pogacar, Carlos Rodriguez (auch Ineos) exakt eine Minute. Adam Yates (UAE) und der Gesamtdritte Jai Hindley (Bora) verloren ein paar Sekunden mehr. Aus den bisherigen Top-Ten der Gesamtwertung bekamen ausgerechnet die beiden Franzosen Gaudu (Groupama) und Lokalmatador Bardet (DSM) noch deutlich mehr eingeschenkt.

 

Ergebnis
 1. Michael Woods (CAN)        - Israel-Premier Tech      4:19:41
 2. Pierre Latour (FRA)        - Totalenergies              +0:28
 3. Matej Mohoric (SLO)        - Bahrain Victorious         +0:35
 4. Matteo Jorgenson (USA)     - Movistar                 gl.Zeit
 5. Clément Berthet (FRA)      - AG2R-Citroën               +0:55
 6. Neilson Powless (USA)      - Ineos Grenadiers           +1:23
 7. Alexej Luzenko (KAZ)       - Astana-Kasachstan          +1:39
 8. Jonas Gregaard (DEN)       - Uno-X                      +1:58
 9. Matthieu Burgaudeau (FRA)  - Totalenergies              +2:16
10. David de la Cruz (ESP)     - Astana-Kasachstan          +2:34
11. Gorka Izagirre (ESP)       - Movistar                   +4:57
12. Victor Campenaerts (BEL)   - Lotto-Dstny                +5:25
13. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +8:19
14. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma                +8:27
15. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula                +9:10
16. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos-Grenadiers         gl.Zeit
17. Carlos Rodriguez (ESP)     - Ineos Grenadiers           +9:19
18. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates               +9:26
19. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             +9:33
20. Sepp Kuss (USA)            - Jumbo-Visma                +9:44
21. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën               +9:54
22. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain Victorious       gl.Zeit
23. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ              +10:25
24. Louis Meintjes (RSA)       - Intermarché-Circus       gl.Zeit
25. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ             gl.Zeit
26. Romain Bardet (FRA)        - DSM Firmenich             +10:42
27. Mikel Landa (ESP)          - Bahrain Victorious        +11:00
28. Emanuel Buchmann (GER)     - Bora-Hansgrohe            +11:04
29. Harold Tejada (COL)        - Astana-Kasachstan         +11:24
30. Jonathan Castroviejo (ESP) - Ineos Grenadiers          +11:39
...
34. Guillaume Martin (FRA)     - Cofidis                   +12:31
39. Ben O'Connor (AUS)         - AG2R-Citroën              +16:21
- 169 Fahrer klassiert.
DNS Quinn Simmons (USA)        - Lidl-Trek

 

Die knapp voneinander getrennten Vingegaard und Pogacar entrückten der Konkurrenz vor dem ersten Ruhetag noch etwas mehr als ohnehin schon. Hindley behielt den 3. Platz, zehrte aber bereits ein bisschen von seinem Vorsprung durch den Solosieg auf der 5. Etappe. Sein neuer Rückstand aufs Gelbe Trikot stieg auf 2:40 Minuten und – wohl wichtiger – sank auf 1:40 gegenüber Carlos Rodriguez. Weniger als eine Minute hinter Rodriguez blieben die Yates-Zwillinge und sein Teamkollege Pidcock. Gaudu und Bardet hielten die Top-Ten, obschon sie Federn lassen mussten und Plätze an Pidcock und Vingegaards Edelhelfer Kuss verloren.

 

Gesamtwertung
 1. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma             38:37:46
 2. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               +0:17
 3. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             +2:40
 4. Carlos Rodriguez (ESP)     - Ineos Grenadiers           +4:22
 5. Adam Yates (GBR)           - UAE-Emirates               +4:39
 6. Simon Yates (GBR)          - Jayco-Alula                +4:44
 7. Tom Pidcock (GBR)          - Ineos-Grenadiers           +5:26
 8. David Gaudu (FRA)          - Groupama-FDJ               +6:01
 9. Sepp Kuss (USA)            - Jumbo-Visma                +6:45
10. Romain Bardet (FRA)        - DSM Firmenich              +6:58
11. Pello Bilbao (ESP)         - Bahrain Victorious         +7:37
12. Louis Meintjes (RSA)       - Intermarché-Circus         +8:50
13. Emanuel Buchmann (GER)     - Bora-Hansgrohe             +9:09
14. Mikel Landa (ESP)          - Bahrain Victorious         +9:09
15. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ               +9:36
16. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën               +9:46
17. Guillaume Martin (FRA)     - Cofidis                   +11:12
18. Ben O'Connor (AUS)         - AG2R-Citroën              +14:04
19. Jonathan Castroviejo (ESP) - Ineos Grenadiers          +15:05
20. Valentin Madouas (FRA)     - Groupama-FDJ              +18:56
21. Clément Berthet (FRA)      - AG2R-Citroën              +19:24
22. Michael Woods (CAN)        - Israel-Premier Tech       +19:39
23. Wilco Kelderman (NED)      - Jumbo-Visma               +20:42

 

Zu Beginn der 9. Etappe brauchte es einige Attacken, bis die 14-köpfige Fluchtgruppe des Tages feststand. Sie setzte sich in ihrer vollen Ausprägung zusammen aus: Powless (EF), Mohoric (Bahrain), Berthet (AG2R), Izagirre, Jorgenson (beide Movistar), Woods, Boivin (beide Israel), Campenaerts (Lotto), de la Cruz, Luzenko (beide Astana), Abrahamsen, Gregaard (beide Uno-X), Burgaudeau und Latour (beide Totalenergies). 12 dieser 14 Fahrer kamen vor den besten Klassementfahrer oben am Puy-de-Dôme an. Bestplatzierte in der Gesamtwertung vor der 9. Etappe waren Clément Berthet und Michael Woods mit knapp einer halben Stunde Rückstand aufs Gelbe Trikot.

Der mit Abstand schwierigste Anstieg des Tages war der Schlussanstieg. Das trotzdem kupierte Gelände zuvor und die relativ heißen Temperaturen taten wohl ihr übriges dazu, dass die Teams von Vingegaard und Pogacar nichts in den prestigeträchtigen Sieg am Puy-de-Dôme investierten. Für alle anderen war ein Sieg gegen diese beiden ohnehin illusorisch. Etwas vergleichbar stellten sich die Kräfteverhältnisse in der Spitzengruppe dar. Woods war am Berg am stärksten einzuschätzen. Ausgerechnet sein Teamkollege Boivin eröffnete 61,5 Kilometer vorm Ziel ein frühes, mit Attacken gespicktes Finale, indem er bergab der Spitzengruppe davon rollte.

Dieser Vorstoß wurde zwar 3 Kilometer später schon wieder eingefangen, löste jedoch ein wahres Feuerwerk aus. Keiner schonte sich mehr für den Schlussberg – wohl in dem Wissen, dass es gegen Woods im direkten Vergleich und ohne Vorsprung schwierig werden würde. Nun hatte Woods' Teamkollege Boivin die Lunte gelegt, die am Ende Woods fast den Sieg kostete. Denn nach weiterer Springerei löste sich rund 48 Kilometer vorm Ziel Jorgenson für ein langes Solo. Der 24-jährige US-Amerikaner fuhr zwischenzeitlich über eine Minute Vorsprung vor einer Verfolgergruppe mit Powless, Mohoric und Burgaudeau heraus. De la Cruz kam dieser Verfolgergruppe wegen eines Defekts abhanden.

Woods sah sich in einer weiteren Gruppe 1:40 hinter Jorgenson gefangen. Im Schlussanstieg erfolgte dann doch noch das tragische Ende für Jorgenson, weil er offensichtlich fürs Solo schon deutlich mehr Kräfte verpulvert hatte als die Verfolger. Aus der nächsten Verfolgergruppe konnte sich Mohoric absetzen und sukzessive annäheren. Woods hingegen kletterte noch deutlich schneller und hielt sich nicht lange bei seinen Konkurrenten auf, die er überholte – Mohoric 1,5 Kilometer vorm Ziel und Jorgenson einen Kilometer später.

Für Powless reichte es mit einem 6. Platz im Ziel dort zu 6 Bergpunkten. Bei den 3 kleinen Bergpreisen unterwegs hatte er deren 4 gesammelt. Mit der Eichhörnchen-Methode baute er damit seine Führung in der Bergwertung weiter aus, obgleich er alles andere als der stärkste Kletterer dieser Tour de France 2023 ist.

 

Bergwertung
 1. Neilson Powless (USA)      - EF Education-Easypost      46 p.
 2. Felix Gall (AUT)           - AG2R-Citroën               28
 3. Tobias Johannessen (NOR)   - Uno-X                      26
 4. Ruben Guerreiro (POR)      - Movistar                   22
 5. Michael Woods (CAN)        - Israel-Premier Tech        20
 6. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates               19
 7. Jai Hindley (AUS)          - Bora-Hansgrohe             19
 8. Giulio Ciccone (ITA)       - Lidl-Trek                  19
 9. Jonas Vingegaard (DEN)     - Jumbo-Visma                18

 

Die besten Klassementfahrer fuhren sich erst deutlich später um die Ohren als die Fahrer aus der Spitzengruppe. Die Teams vor allem von Vingegaard und teilweise auch von Pogacar forcierten in die immer steiler und schmaler werdende Straße hinein. Kuss reduzierte die Top-Fahrer auf Vingegaard, Pogacar, Rodriguez und Pidcock. Knapp hinterher hingen Yates, Yates und Hindley. Als Kuss verbraucht war, kam Simon Yates noch einmal nach vorne, weil sich Vingegaard, Pogacar und die Teamkollegen Rodriguez und Pidcock noch nicht aus der Reserve wagten.

Da erfolgte die Attacke von Pogacar, der zunächst eine kleine Lücke gegenüber Vingegaard erzielt, die zäh Sekündchen um Sekündchen größer wurde. 8 Sekunden wurde es am Ende – normalerweise nicht viel, angesichts des knappen Abstandes zwischen den beiden Rivalen um den Gesamtsieg vielleicht aber doch ein Fingerzeig, in wessen Richtung nach momentaner Lage das Pendel ausschlagen könnte?

Hinter den Top-2 präsentierte sich Simon Yates einmal mehr unterm Strich als drittstärkster Fahrer am Berg. Durch Hindleys Ausreißer-Minuten und den eigenen 47-Sekunden-Verlust nach spätem Sturz am Vortag musste sich Simon Yates bisher recht weit hinter Hindley und zudem hinter Rodriguez und Bruder Adam einordnen. In den ersten Ruhetag gingen Vingegaard und Pogacar erwartungsgemäß als die weiterhin klaren Favoriten auf den Gesamtsieg. Um den verbleibenden Podestplatz bewarb sich neben Hindley, Yates, Yates und Rodriguez der erstaunliche Pidcock.


Vorschau auf diese Etappe: Zu eng sei es nach modernen Standards oben am Puy de Dôme, dem Vulkan-Kegel im französischen Zentralmassiv. Deswegen würde wohl nie mehr eine Tour de France mit ihrem riesigen Tross dort Halt machen, wo in den 1960er- und 1970er Jahren regelmäßig entscheidende Duelle ausgefochten wurden. Zuletzt gab es eine Ankunft bei einer Tour de France dort 1988. Die Verlockung war nun wohl zu groß, es 2023 doch noch einmal zu probieren. Die Zielankunft der 9. Etappe an dem 13,3 Kilometer langen und im Schnitt 7,7 % steilen Schlussberg kann somit im Vorfeld als eines der Highlights bezeichnet werden. Der wellige Etappenverlauf zuvor taugt allenfalls zum Vorkochen und der Findung einer Spitzengruppe, die wegen des Prestige aber wohl kaum von den Klassementbesten den Sieg geschenkt bekommen wird, oder?

Es folgt der erste rennfreie Tag während dieser Tour de France 2023, für den Fahrer und Personal in der Region bleiben.

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Tour de France 2023
9. Etappe (182,4km)
von Saint-Léonard-de-Noblat 13:45
zum Puy de Dôme 18:18

S -km152 14:30 Lac de Vassivière
4 -km108 15:37 Côte de Felletin
4 -km97 15:54 Côte de Pontcharraud
3 -km57 16:54 Côte de Pontaumur
HC -km0 18:18 Puy de Dôme

Etappensieg:
Michael Woods (CAN)

Gelbes Trikot:
Jonas Vingegaard (DEN)

Grünes Trikot:
Jasper Philipsen (BEL)

Bergtrikot:
Neilson Powless (USA)

Jungprofi-Trikot:
Tadej Pogacar (SLO)

Teamwertung:
Bahrain Victorious

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