Tour de France 2020 - 20. Etappe
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Wunderkind Pogacar stürmt ins Gelbe Trikot
Tadej Pogacar (UAE) wendete im entscheidenden Einzelzeitfahren zur Planche des Belles Filles sensationell die Tour de France 2020, fuhr seinen slowenischen Landsmann Primoz Roglic (Jumbo) einen Tag vor Schluss – den für sicher geglaubten Gesamtsieg vor Augen – aus dem Gelben Trikot. Pogacar deklassierte die Konkurrenz im 36,2 Kilometer langen Einzelzeitfahren der 20. Etappe, die mit einer Bergankunft in den Vogesen endete. In 55:55 Minuten war Pogacar jeweils 1:21 Minuten schneller als Tom Dumoulin (Jumbo) und Richie Porte (Trek) auf den nächsten Plätzen. Porte verdängte in der Gesamtwertung Miguel Angel Lopez (Astana) vom 3. Platz.
Roglic verlor in seiner Spezialdisziplin nie für möglich gehaltene 1:56 Minuten auf Pogacar, landete damit in der Tageswertung auf dem 5. Platz sogar noch hinter Wout van Aert (ebenfalls Jumbo). Damit kontrollierte das um Roglic zusammengekaufte Star-Team fast die gesamte Tour 2020, van Aert holte im Vorbeigehen 2 Tagessiege, Roglic selbst fuhr 11 Tage im Gelben Trikot, und im Zeitfahren brachte man 3 Fahrer unter die Top-5. Das reichte aber nicht gegen den 21-jährigen Pogacar, der mit 3 Tagessiegen sowie dem Gewinn von gelben, gepunkteten und weißen Trikot in die Geschichtsbücher eingeht. Was für ein Triumph! Was für ein Versprechen für die Zukunft!
Ergebnis 1. Tadej Pogacar (SLO) - UAE-Emirates 55:55 2. Tom Dumoulin (NED) - Jumbo-Visma +1:21 3. Richie Porte (AUS) - Trek-Segafredo +1:21 4. Wout van Aert (BEL) - Jumbo-Visma +1:31 5. Primoz Roglic (SLO) - Jumbo-Visma +1:56 6. Rémi Cavagna (FRA) - Deceuninck-Quick Step +1:59 7. Damiano Caruso (ITA) - Bahrain-Merida +2:29 8. David de la Cruz (ESP) - UAE-Emirates +2:40 9. Enric Mas (ESP) - Movistar +2:45 10. Rigoberto Uran (COL) - EF +2:54 11. Daniel Martinez (COL) - EF +3:19 12. Pello Bilbao (ESP) - Bahrain-Merida +3:20 13. Marc Soler (ESP) - Movistar +3:26 14. Mikel Landa (ESP) - Bahrain-Merida +3:27 15. Warren Barguil (FRA) - Arkéa-Samsic +3:58 ... 17. Max Schachmann (GER) - Bora-Hansgrohe +3:59 21. Lennard Kämna (GER) - Bora-Hansgrohe +4:12 23. Adam Yates (GBR) - Mitchelton-Scott +4:27 25. Simon Geschke (GER) - CCC Team +4:38 26. Guillaume Martin (FRA) - Cofidis +4:39 36. Nairo Quintana (COL) - Arkéa-Samsic +5:54 45. Miguel Angel Lopez (COL) - Astana +6:17 47. Alejandro Valverde (ESP) - Movistar +6:26 67. Sepp Kuss (USA) - Jumbo-Visma +7:23 81. Richard Carapaz (ECU) - Ineos +7:53 - 146 Fahrer klassiert.
Roglic: Aus 57 Sekunden Vorteil werden 59 Rückstand!
Pogacar wandelte in der Gesamtwertung einen 57-Sekunden-Rückstand in einen 59-Sekunden-Vorsprung gegen Roglic um. Die 57 Sekunden waren für Roglic vor der 20. Etappe zwar kein komfortables Polster, aber die beiden Slowenen wurden für das Zeitfahren ungefähr gleich stark eingeschätzt, Roglic sogar eher stärker, weswegen die Fahrt zum Gesamtsieg eine Formsache zu sein schien.
Dann das: Schon früh sagten die GPS-Zwischenzeiten, dass Pogacar im flachen Teil 20 Sekunden abgeknabbert hatte. War Pogacar übermotiviert angegangen? Hatte sich Roglic die Kräfte besser eingeteilt? Nichts von beidem. Die Sekunden von Roglics Vorsprung rieselten nur so herunter. Man konnte sich schon auf einen historisch engen Vorsprung um den Gesamtsieg einstellen. Doch auch daraus wurde nichts. Denn Pogacar flog in Richtung Ziel, wohingegen der Ex-Skispringer Roglic kreidebleich relativ klar am Gesamtsieg vorbeifuhr.
Porte entert Podest, Lopez purzelt von 3 auf 6
Das Zeitfahren führte weitere Umstürze in der Gesamtwertung herbei – wie keine der 19 Etappen zuvor. Der ebenfalls fast sicher geglaubte Gesamtdritte Lopez verlor unfassbare 6:17 Minuten auf Pogacar und damit nicht nur den Podestplatz an Porte. Denn auch Mikel Landa (Bahrain) und Enric Mas (Movistar) zogen dank guter Zeitfahr-Ergebnisse noch an Lopez vorbei. Dumoulin verbesserte sich wegen der großen Abstände noch auf den 7. Platz vor den abbauenden Uran (EF) und Yates (Mitchelton). Noch mehr Zeit als Lopez verlor Valverde (Movistar), der damit seinen Top-Ten-Platz an Caruso (Bahrain) abgeben musste.
Gesamtwertung 1. Tadej Pogacar (SLO) - UAE-Emirates 84:26:33 2. Primoz Roglic (SLO) - Jumbo-Visma +0:59 3. Richie Porte (AUS) - Trek-Segafredo +3:30 4. Mikel Landa (ESP) - Bahrain-Merida +5:58 5. Enric Mas (ESP) - Movistar +6:07 6. Miguel Angel Lopez (COL) - Astana +6:47 7. Tom Dumoulin (NED) - Jumbo-Visma +7:48 8. Rigoberto Uran (COL) - EF +8:02 9. Adam Yates (GBR) - Mitchelton-Scott +9:25 10. Damiano Caruso (ITA) - Bahrain-Merida +14:03 11. Guillaume Martin (FRA) - Cofidis +16:58 12. Alejandro Valverde (ESP) - Movistar +17:41 13. Richard Carapaz (ECU) - Ineos +24:44 14. Warren Barguil (FRA) - Arkéa-Samsic +31:04 15. Sepp Kuss (USA) - Jumbo-Visma +42:20 16. Pello Bilbao (ESP) - Bahrain-Merida +55:56 17. Nairo Quintana (COL) - Arkéa-Samsic +1:02:46 18. Pierre Rolland (FRA) - B&B Hotels +1:08:05 19. Carlos Verona (ESP) - Movistar +1:19:54 20. Wout van Aert (BEL) - Jumbo-Visma +1:20:31
Am ersten der 3 Zwischenmesspunkte hielt bis zum Schluss die Bestzeit des früh gestarteten Rémi Cavagna (Deceuninck). Auch im Ziel blieb Cavagna lange in Front und wurde nur von 5 Fahrern geschlagen. Dumoulin lag nach 14,5 Kilometern auf dem 2. Platz 12 Sekunden hinter Cavagna, gefolgt von Pogacar mit 17. Roglic hatte hier 13 Sekunden auf Pogacar liegen lassen, was die meisten wohl noch als keinen Grund zur Beunruhigung für Roglic auffassten. Weitere 8 Sekunden mehr als Roglic benötigte van Aert. Porte ging die ersten 14,5 Kilometer noch «langsamer» an mit 48 Sekunden Rückstand auf Cavagna.
Nach 30,3 Kilometern, am Fuße des Schlussanstiegs, war Dumoulin der Schnellste, eine Sekunde vor Pogacar, 18 vor Cavagna, 27 vor Roglic, 51 vor van Aert und 61 vor Porte. Demnach hatte Pogacar erst knapp die Hälfte des Rückstandes zu Roglic wettgemacht. Wie die meisten Top-Fahrer wechselten Pogacar und Roglic im Anstieg von der Zeitfahrmaschine aufs konventionelle Rennrad. Symptomatisch verlief der Radwechsel bei Pogacar wie geschmiert, bei Roglic gefühlt deutlich langsamer. Aber die Sekunden spielten keine Rolle mehr. Pogacar fuhr den Schlussberg 1:29 Minuten schneller hoch als Roglic und machte auch hier den krassen Unterschied zu Dumoulin.
An der späten 3. Zwischenzeit nur 2,6 Kilometer vorm Ziel wurde Pogacar 48 Sekunden schneller als Dumoulin gemessen. Die Rückstand von Porte, van Aert, Cavagna und Roglic lauteten hier 66, 75, 81 und 82 Sekunden. Demzufolge ließ Dumoulin relativ viel in der steilen Schlussrampe liegen. Porte verfehlte Dumoulins vorläufige Bestmarke im Ziel nur um 58/100 Sekunden. Roglic verlor auf den letzten Kilometern kaum noch etwas auf den entfesselten Pogacar. Von einem Einbruch konnte also keine Rede sein, obschon man Dumoulin und erst recht Porte und van Aert in einem Bergzeitfahren eher hinter Roglic gewettet hätte.
Pogacar nahm neben dem Gelben Trikot als designierter Gesamtsieger und dem weißen Trikot des besten Jungprofis auch noch das rot-gepunktete Trikot des besten Bergfahrers mit. Denn für die 6 schnellsten Fahrer im Schlussanstieg – Pogacar, Porte, van Aert (!), Mas, Bilbao (Bahrain) und Martinez (EF) – gab es Punkte fürs Bergtrikot. Da nützte es dem bisherigen Inhaber Carapaz (Ineos) auch nichts, dass er die ersten 30 Kilometer extrem langsam angehen ließ, um die letzten 6 Kilometer alles zu geben.
Bergwertung 1. Tadej Pogacar (SLO) - UAE-Emirates 82 p. 2. Richard Carapaz (COL) - Ineos 74 3. Primoz Roglic (SLO) - Jumbo-Visma 67 4. Marc Hirschi (SUI) - Sunweb 62 5. Miguel Angel Lopez (COL) - Astana 51 6. Benoît Cosnefroy (FRA) - AG2R La Mondiale 36 7. Pierre Rolland (FRA) - B&B Hotels 36 8. Richie Porte (AUS) - Trek-Segafredo 36
Vorschau auf diese Etappe: Die Organisatoren treiben es bei der Tour de France 2020 auf die Spitze. Blieben zuletzt immer weniger Zeitfahrkilometer im Etappenplan übrig, endet 2020 das einzige Einzelzeitfahren gar mit einer heftigen Bergankunft in den Vogesen! An der Planche des Belles Filles fällt am Vorschlusstag allein gegen die Uhr die Entscheidung um den Gesamtsieg und die Plätze dahinter. Doch es handelt sich nicht um ein reines Bergzeitfahren. Vielmehr müssen die Fahrer genau einschätzen, wie sie sich ihre Kräfte auf den ersten 30 flach bis moderat steigenden Kilometern einteilen. Wer zu langsam angeht, lässt zu viel Zeit liegen. Wer zu schnell angeht, erlebt sein blaues Wunder am 5,9 Kilometer langen Schlussanstieg, der durchschnittlich um 8,5 % steigt – mit Spitzenwerten von 20 % an der Schlussrampe, wo die Sekunden dahinticken werden! Als Fahrzeit rechnet der Veranstalter laut Marschtabelle mit 55 Minuten.
Startzeiten
- 13:00 erster Fahrer
- ...
- 16:36 van Aert
- 16:38 Verona
- 16:40 Rolland
- 16:42 Quintana
- 16:44 Bilbao
- 16:46 Kuss
- 16:48 Barguil
- 16:50 Carapaz
- 16:52 Martin
- 16:54 Caruso
- 16:56 Valverde
- 16:58 Dumoulin
- 17:00 Uran
- 17:02 Yates
- 17:04 Mas
- 17:06 Landa
- 17:08 Porte
- 17:10 Lopez
- 17:12 Pogacar
- 17:14 Roglic
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