Paris-Roubaix 2019

(FRA/1.UWT) - Siegerliste Paris-Roubaix

4. von 5 Monumenten für Gilbert – vor Politt

Philippe Gilbert (Deceuninck) gewann Paris-Roubaix 2019 im Zweiersprint. Der 36-jährige Belgier stach im Schlussbogen vom Velodrom aus hinterer Position von der Bande nach unten vorbei an Nils Politt (Katusha). Auf den 3. Platz kam Gilberts Teamkollege Yves Lampaert als Solist mit 13 Sekunden Rückstand. Gilbert holte seinen 4. Sieg bei einem der 5 Radsport-Monumente – es fehlt «nur» noch Mailand-Sanremo.

Politt und Gilbert wollten die Vorentscheidung schon 67 Kilometer vorm Ziel herbeiführen. 7 Verfolger kamen noch einmal heran. Von denen fiel aber in der Folgzeit einer nach dem anderen wieder zurück. Als Politt 14 Kilometer vor dem Ziel auf dem drittletzten von 29 Kopfsteinfpflastersektoren, dem Sektor von Gruson, beschleunigte, fuhr wieder nur Gilbert mit, und die letzten 3 Begleiter Lampaert, Sep Vanmarcke (EF) und Vorjahressieger Peter Sagan (Bora) mussten letztendlich abreißen lassen.

Plätze 1, 3, 6, 8 in einem Team, mit Lampaert auf 3

Außer Lampaert kamen Vanmarcke und Sagan knapp vor der nächsten Verfolgergruppe ins Ziel. Dieses führte 47 Sekunden hinter dem Spitzenduo Florian Sénéchal (Deceuninck) über die Linie. Dessen Teamkollege Stybar belegte zudem den 8. Platz, so dass Fahrer aus diesem Team die Plätze 1, 3, 6 und 8 erreichten! (Erfolgte Korrektur: In einer ersten Version der Ergebnisliste wurde Vanmarcke nicht auf dem 4., sondern noch auf dem 9. Platz innerhalb der Verfolgergruppe geführt.)

Dieser Teamleistung bot bis zur letzten Kurve nur Nils Politt die Stirn. Der 25-jährige Deutsche erklomm das erste Mal das Podest bei einem Monument, nachdem er seine Ergebnisse in den Jahren und Wochen zuvor kontinuierlich steigerte. Bei Paris-Roubaix fehlten einzig gegen Gilbert nach 257 Rennkilometern die letzten Körner und vielleicht auch die Routine im Velodrom zum ganz großen Triumph.

Kalt und trocken und keine frühe Flucht

Paris-Roubaix 2019 fand bei trockenem, aber kaltem Wetter mit einstelligen Temperaturen statt. In den ersten beiden Rennstunden konnte sich keine Spitzengruppe absetzen. Erstens wurde das Rennen wieder komplett live übertragen (in Deutschland übrigens erstmals seit einem Jahrzehnt auch vom öffentlich-rechtlichen TV), zweitens gab es Wind von vorne, drittens war der Favoritenkreis groß, viertens wurde im Vorjahr mit Silvan Dillier (AG2R) ein Fahrer aus der frühen Flucht am Ende Zweiter, fünftes wurde ein unbarmherziges Tempo angeschlagen. Hier kam wohl eines zum anderen, so dass auch eine größere Spitzengruppe, die sich 170 Kilometer vorm Ziel formierte, nie weit weggelassen wurde.

Auch hier waren Politt und Lampaert schon vorne vertreten. In ihrer größten Ausprägung bestand die Gruppe aus 26 Fahrern: Bodnar (Bora), Gougeard (AG2R), Gradek, Schär (beide CCC), Theuns (Trek), Breschel (EF), Politt, Haller (beide Katusha), Declercq, Lampaert (beide Deceuninck), Gaudin, Petit (beide Total), Trentin (Mitchelton), Küng (Groupama), Frison (Lotto), van Leberberghe (Cofidis), Eenkhoorn, van Poppel (beide Jumbo), Laengen, Philipsen (beide UAE), Ballerini (Astana), Arcas (Movistar), Backaert (Wanty), Janse van Rensburg (Dimension Data), Bol (Sunweb), Boeckmans (Vital Concept) und van Staeyen (Roompot).

Diese Gruppe minus erster wieder zurückfallender Fahrer bestritt die ersten 5 Pflaster-Sektoren an der Spitze mit kaum mehr als einer halben Minute Vorsprung. 127 Kilometer vorm Ziel wurde die Gruppe gestellt vom Hauptfeld, das soeben auf der Windkante zerplatzte. Sagan hatte in dieser Phase Defekt, so dass er sich in einem 2. Feld 40 Sekunden hinter einem 35-köpfigen Spitzenfeld wiederfand. 105 Kilometer vorm Ziel waren die beiden ersten Felder, kurz vor dem ersten 5-Sterne-Sektor, wieder vereinigt.

Van Aert nach Defekten und Sturz noch einmal zurück

In den berüchtigten Wald von Arenberg führte Greg van Avermaet (CCC) das Feld herein. Der Sieger von 2017 blieb danach aber blass. Sagan und Wout van Aert (Jumbo) machten einen Ausritt in die tiefe Wiese neben dem Pflaster. Während Sagan unbeschadet davon kam, hatte van Aert einen Defekt, und für ihn schloss sich eine von Radwechseln und Stürzen durchzogene Aufholjagd an, teils im Slalom auf dem Pflaster um die Begleitfahrzeuge herum.

Stijn Vandenbergh (AG2R) kam mit ein paar Sekunden Vorsprung aus dem Wald von Arenberg heraus, gab sein Solo aber bald auf. 78 Kilometer vorm Ziel probierten es 4 Fahrer aus der 2. Reihe: van Hooydonck (CCC), Turgis (Total), Lemoine (Cofidis) und Kreder (Wanty). 5 Kilometer später fuhr Wesley Kreder seinen Mitausreißern auf dem Pflaster davon. Van Aert kehrte nach zwischenzeitlich über einminütigem Rückstand ins Hauptfeld zurück – im Stile von Mathieu van der Poel (Corendon), dessen Team keine Wildcard für Paris-Roubaix erhielt, eine Woche zuvor bei der Flandern-Rundfahrt.

Politt führt Vorentscheidung 67 Kilometer vorm Ziel herbei

Es folgte die vorentscheidende Attacke durch Politt auf einem Asphalt-Abschnitt während der Verpflegungskontrolle. Außer Gilbert zog Rüdiger Selig (Bora) mit. Diese stießen 66,5 Kilometer vorm Ziel zu Kreder, der im nächster Pflasterabschnitt zurückfiel. Im Spitzentrio beteiligte sich Selig nicht an der Tempoarbeit, da hinten sein Kapitän Sagan lauerte.

55 Kilometer vorm Ziel lösten sich van Aert, Ivan Garcia (Bahrain) und Christophe Laporte (Cofidis). Ihnen stiegen Sagan, Lampaert, Vanmarcke und Marc Sarreau (Groupama) hinterher, 25 Sekunde hinter dem Spitzentrio. Aus diesem fiel kurz darauf Selig zurück, der noch kurz für Sagan Tempo bolzen konnte. Im nächsten Pflasterabschnitt ließ Politt ein Loch zu Gilbert reißen.

Politt wurde von einem Quartett mit Sagan, van Aert, Lampaert und Vanmarcke gestellt, wenig später auch Gilbert. Laporte und Sarreau konnten dem Tempo der Verfolger nicht mehr folgen, wohingegen Garcia mit Defekt zurückfiel. Aus dem 5-Sterne-Sektor Mons-en-Pévèle kam das neu formierte Spitzensextett mit 30 Sekunden Vorsprung vor dem Verfolgerfeld heraus. Dieser sprang relativ schnell auf die Minutenmarke, um die er praktisch bis zum Ziel zwischen Spitze und Hauptfeld pendelte.

Sextett inklusive Lampaert, Sagan, Vanmarcke, van Aert

Die 6 Fahrer an der Spitze harmonierten prächtig, bis Gilbert 23 Kilometer vorm Ziel auf Asphalt attackierte. Die letzten schwierigen Kopfsteinpflaster-Sektoren standen unmittelbar bevor. Sagan ging hinterher, dazu Politt. Van Aert und Vanmarcke schauten sich hingegen an, und Lampaert verwies auf seinen vorne postierten Teamkollegen Gilbert. 2 Kilometer später attackierte Lampaert und knipste damit van Aert die Lichter aus. 18 Kilometer vorm Ziel kehrten Lampaert und Vanmarcke im Sektor Camphin-en-Pévèle an die Spitze zurück.

Der letzte 5-Sterne-Sektor wartete: Carrefour de l'Arbre. Lampaert knallte dort herein, Politt an letzter Position wirkte zunächst schwer angeschlagen. Dann feuerte Gilbert an die Spitze. Sagan ging hinterher, Lampaert ließ abreißen. Vanmarcke und Politt schafften es aber tatsächlich, ausgangs dieses Sektors wieder bei Gilbert und Sagan zu sein.

Endgültige Selektion: Wieder Politt verfolgt von Gilbert

Ausgerechnet Politt führte dann auf dem mit nur 2 Sterne versehenen Sektor von Gruson die endgültige Selektion herbei, bei der nur Gilbert nicht durch den Rost fiel. Lampaert hatte erst gerade wieder den Anschluss hergestellt – und erwies sich noch als wertvoller Joker in der Hinterhand. Denn Vanmarcke bekam technische Probleme, so dass nur noch Sagan nachführte.

6 Kilometer vorm Ziel entschied sich Vanmarcke zum Radwechsel, und kurz darauf stellt Lampaert den entkräfteten Sagan in den Wind – 45 Sekunden hinter dem Spitzenduo. Gilbert konnte nun etwas pokern, da sich sein Temkollege als Solist näherte, wodurch Politt etwas mehr von vorne fuhr. Im Velodrom, in dem wie immer eineinhalb Runden zu drehen waren, blieb Gilbert an Politts Hinterrad, während sich Lampaert bis auf eine halbe Runde näherte.

Politt machte den vielleicht einzigen Fehler in einem ansonsten hervorragenden Rennen, als er zu lange auf den Sprint wartete und Gilbert auf der Innenbahn selbigen eröffnen ließ. So bleibt es für den Außenstehenden reine Spekulation, ob Politts Beine nun tatsächlich leer waren, oder mit einem rechtzeitigen Antritt der routinierte Gilbert doch noch gefordert gewesen wäre?

 

So 14. April 2019
Ergebnis der 117. Auflage Paris-Roubaix (257,0km)
 1. Philippe Gilbert (BEL)     - Deceuninck-Quick Step    5:58:02
 2. Nils Politt (GER)          - Katusha-Alpecin          gl.Zeit
 3. Yves Lampaert (BEL)        - Deceuninck-Quick Step      +0:13
 4. Sep Vanmarcke (BEL)        - EF Education First         +0:40
 5. Peter Sagan (SVK)          - Bora-Hansgrohe             +0:42
 6. Florian Sénéchal (FRA)     - Deceuninck-Quick Step      +0:47
 7. Mike Teunissen (NED)       - Jumbo-Visma
 8. Zdenek Stybar (CZE)        - Deceuninck-Quick Step
 9. Evaldas Siskevicius (LTU)  - Delko-Marseille           alle
10. Sebastian Langeveld (NED)  - EF Education First
11. Stefan Küng (SUI)          - Groupama-FDJ             gleiche
12. Greg van Avermaet (BEL)    - CCC
13. Oliver Naesen (BEL)        - AG2R La Mondiale          Zeit
14. Heinrich Haussler (AUS)    - Bahrain-Merida             +1:24
15. Adrien Petit (FRA)         - Total Direct Energie       +1:25
16. Marco Haller (AUT)         - Katusha-Alpecin            +1:36
17. Arnaud Démare (FRA)        - Groupama-FDJ
18. Anthony Turgis (FRA)       - Total Direct Energie      alle
19. Hugo Hofstetter (FRA)      - Cofidis                  gleiche
20. Bert de Backer (BEL)       - Vital Concept             Zeit
21. Dylan van Baarle (NED)     - Sky                        +1:40
22. Wout van Aert (BEL)        - Jumbo-Visma                +1:42
23. Stijn Vandenbergh (BEL)    - AG2R La Mondiale           +2:14
24. Marcus Burghardt (GER)     - Bora-Hansgrohe           gl.Zeit
25. Laurens de Vreese (BEL)    - Astana                     +2:36
...
27. Jasper Stuyven (BEL)       - Trek-Segafredo             +2:38
28. John Degenkolb (GER)       - Trek-Segafredo             +3:00
36. Nico Denz (GER)            - AG2R La Mondiale           +9:11
39. Rüdiger Selig (GER)        - Bora-Hansgrohe            +10:19
56. Alexander Kristoff (NOR)   - UAE-Emirates              +14:15
57. Silvan Dillier (SUI)       - AG2R La Mondiale          +14:15
- 175 Teilnehmer, davon 100 klassiert.

 

Teilnehmer

Die 7 Wildcards für Paris-Roubaix 2019 verteilte der Veranstalter bereits im Januar an die 5 französischen Rennställe Arkéa, Cofidis, Delko, Direct Energie und Vital Concept sowie an Roompot aus den Niederlanden und Wanty aus Belgien. Sowieso in der Startliste stehen die 18 WorldTour-Teams. Wie schon bei der Flandern-Rundfahrt eine Woche zuvor zeichnen sich für Paris-Roubaix 2019 keine klaren Favoriten ab, so dass es eine sehr lange Liste potenzieller Sieganwärter gibt.

Strecke

Der Veranstalter verlautbarte für Paris-Roubaix 2019 nur kleinere Änderungen in der Abfolge der ersten 6 von insgesamt wieder 29 Kopfsteinpflaster-Sektoren. Ansonsten soll die Strecke erneut über 257 Kilometer führen und weitgehend identisch sein zum Vorjahr, natürlich inklusive der 5-Sterne-Sektoren Wald von Arenberg, Mons-en-Pévèle und Carrefour de l'Arbre, wobei die Pflasterpassage von Arenberg laut neuester Messung 100 Meter kürzer sein soll als bisher bekannt, also 2,3 Kilometer lang. Die insgesamt 54,5 Kilometer über die groben Pflaster-Sektoren sehen damit wie folgt aus (Sterne für die Schwierigkeit):

 

Pavé-Sektoren 2019 (Länge in km)             km-   Zeit
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29. Troisvilles - Inchy (0,9)               160,5  13:33  **
28. Briastre - Viesly (3,0)                 151,5  13:46  ****
27. Viesly - Quiévy (1,8)                   147    13:52  ***
26. Quiévy - Saint-Python (3,7)             144,5  13:55  ****
25. Saint-Python (1,5)                      140    14:02  **
24. Vertain - St-Martin-sur-Écaillon (2,3)  132    14:13  ***
23. Verchain-Maugré - Quérénain (1,6)       122    14:27  ***
22. Quérénaing - Maing (2,5)                119    14:32  ***
21. Maing - Monchaux-sur-Écaillon (1,6)     116    14:36  ***
20. Haveluy - Wallers (2,5)                 103    14:55  ****
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19. Wald von Arenberg (2,3)                  94,5  15:06  *****
18. Wallers - Hélesmes (1,6)                 88,5  15:15  ***
17. Hornaing - Wandignies (3,7)              82    15:25  ****
16. Warlaing - Brillon (2,4)                 74,5  15:36  ***
15. Tilloy - Sars-et-Rosières (2,4)          71    15:41  ****
14. Beuvry - Orchies (1,4)                   64,5  15:50  ***
13. Orchies (1,7)                            59,5  15:57  ***
12. Auchy - Bersée (2,7)                     53,5  16:06  ****
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11. Mons-en-Pévèle (3,0)                     48    16:13  *****
10. Mérignies - Avelin (0,7)                 42    16:22  **
 9. Pont-Thibault - Ennevelin (1,4)          38,5  16:27  ***
 8. Templeuve (L'Epinette) (0,2)             33    16:34  *
    Templeuve (Moulin-de-Vertain) (0,5)      32,5  16:45  **
 7. Cysoing - Bourghelles (1,3)              26    16:44  ***
 6. Bourghelles - Wannehain (1,1)            23,5  16:48  ***
 5. Camphin-en-Pévèle (1,8)                  19    16:54  ****
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 4. Carrefour de l'Arbre (2,1)               16,5  16:58  *****
 3. Gruson (1,1)                             14    17:02  **
 2. Willems - Hem (1,4)                       7,5  17:11  ***
 1. Roubaix (0,3)                             1,5  17:20  *
Zielankunft im Vélodrome von Roubaix:
Kilometer 257,0 ca. 17:22

 

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