Giro d'Italia 2022 - 14. Etappe
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Yates siegt bei Super-Auslese in Turin
Simon Yates (Bikeexchange) gewann eine äußerst selektiv ausgefahrene 14. Giro-Etappe 2022 mit Mittelgebirgs-Klassiker-Charakter im Osten von Turin. Der Brite attackierte 4,5 Kilometer vorm Ziel ein erlesenes Spitzenquartett. Aus diesem erreichten Jai Hindley (Bora), Richard Carapaz (Ineos) und Vincenzo Nibali (Astana) mit 15 Sekunden Rückstand auf den Plätzen 2 bis 4 das Ziel. Dahinter begrenzten nur noch 5 weitere Fahrer den Rückstand auf unter eine Minute gegenüber dem neuen Gesamtführenden Carapaz. Hinter den ersten 9 Fahrern gerieten die Abstände dann riesig. Dazu genügten Anstiege mit jeweils weniger als 500 Meter Höhenunterschied! Yates spielte als einziger vorn vertretener Fahrer keine Rolle mehr im Gesamtklassement.
Hindleys Helfer führen Riesen-Selektion herbei
An einem für Giro-Verhältnisse ungewöhnlich heißen Tag mit Temperaturen von über 30 Grad ging es auch auf der Strecke von Beginn an heiß her. Auf der Achterbahnfahrt – ständig hoch und runter – reduzierte das Team von Hindley und Emanuel Buchmann die erste Gruppe auf nur noch 12 Fahrer, als noch 65 Kilometer zu fahren waren. Deren Kollege Kelderman kachelte nun über 30 Kilometer von vorne. Innerhalb der letzten 30 Kilometer attackierte jedoch Carapaz am Superga-Anstieg und fuhr fast eine halbe Minute heraus. 14 Kilometer vorm Ziel schaffte Hindley im nächsten Anstieg den Anschluss, kurz darauf auch Nibali sowie schließlich Yates.
Dahinter begrenzten Pozzovivo (Intermarché), Almeida (UAE), Landa und Bilbao (beide Bahrain) ihre Rückstände zäh auf 28, 39 und jeweils 51 Sekunden gerechnet zum siegreichen Yates, obwohl insbesondere Almeida und Bilbao schon weit vorm Ziel aussahen, als seien sie mit ihren Kräften völlig am Ende. Weiterhin Flügel verlieh das rosa Trikot Juan Pedro Lopez (Trek), der überraschend lange mit den Top-9 mithielt. Doch diese wurden dann bei der Carapaz-Attacke endgültig gestutzt. Lopez fiel noch über 4 Minuten zurück, landete aber trotzdem auf dem 10. Platz – so groß war das Loch dahinter!
Ergebnis 1. Simon Yates (GBR) - Bikeexchange-Jayco 3:43:44 2. Jai Hindley (AUS) - Bora-Hansgrohe +0:15 3. Richard Carapaz (ECU) - Ineos Grenadiers gl.Zeit 4. Vincenzo Nibali (ITA) - Astana-Kasachstan gl.Zeit 5. Domenico Pozzovivo (ITA) - Intermarché-Wanty +0:28 6. João Almeida (POR) - UAE-Emirates +0:39 7. Mikel Landa (ESP) - Bahrain Victorious +0:51 8. Pello Bilbao (ESP) - Bahrain Victorious gl.Zeit 9. Emanuel Buchmann (GER) - Bora-Hansgrohe +1:10 10. Juan Pedro Lopez (ESP) - Trek-Segafredo +4:25 11. Jan Hirt (CZE) - Intermarché-Wanty +6:28 12. Alejandro Valverde (ESP) - Movistar +8:04 13. Lucas Hamilton (AUS) - Bikeexchange-Jayco gl.Zeit 14. Wilco Kelderman (NED) - Bora-Hansgrohe gl.Zeit 15. Filippo Zana (ITA) - Bardiani-CSF +8:50 16. Guillaume Martin (FRA) - Cofidis +9:38 17. Lorenzo Fortunato (ITA) - Eolo-Kometa +10:16 18. Joe Dombrowski (USA) - Astana-Kasachstan gl.Zeit 19. Thymen Arensman (NED) - DSM +10:41 20. Santiago Buitrago (COL) - Bahrain Victorious +10:49 ... 24. Sam Oomen (NED) - Jumbo-Visma +13:43 30. Bauke Mollema (NED) - Trek-Segafredo +13:43 32. Hugh Carthy (GBR) - EF Education-Nippo +17:17 - 159 Fahrer klassiert. DNF Tom Dumoulin (NED) - Jumbo-Visma DNS Alexander Krieger (GER) - Alpecin-Fenix DNS Cees Bol (NED) - DSM DNS Giacomo Nizzolo (ITA) - Israel-Premier Tech
Carapaz ins rosa Trikot 7 Sekunden vor Hindley
Carapaz übernahm das rosa Trikot 7 Sekunden vor Hindley. Auch noch im Geschäft um den Gesamtsieg und die beiden weiteren Podestplätze blieben Almeida mit 30, Landa mit 59 und Pozzovivo mit 61 Sekunden Rückstand auf Carapaz. Etwas taktischen Spielraum behielten die Teamkollegen von Hindley und Landa auf den Plätze 6 und 7: Bilbao mit 1:52 Minuten Rückstand und Buchmann mit 6 mehr. Eine Minute hinter Buchmann stieg Nibali nur auf den 8. Platz, vor allem wegen seines Zeitverlustes, den er sich auf der 4. Etappe beim Ätna eingehandelt hatte.
Lopez fiel vom 1. auf den 9. Platz zurück. Yates war mit über 19 Minuten Rückstand im Gepäck zur 14. Etappe angetreten und konnte sich deswegen als einziger Fahrer vorne voll auf den Tagessieg konzentrieren. Aus den bisherigen Top-Ten der Gesamtwertung gerieten Valverde (Movistar) und Martin (Cofidis) schon mehr als 70 Kilometer vorm Ziel ins Hintertreffen. Valverde konnte trotz 8 Minuten Verlust in Turin den 10. Platz in der Gesamtwertung halten.
Gesamtwertung 1. Richard Carapaz (ECU) - Ineos Grenadiers 58:21:28 2. Jai Hindley (AUS) - Bora-Hansgrohe +0:07 3. João Almeida (POR) - UAE-Emirates +0:30 4. Mikel Landa (ESP) - Bahrain Victorious +0:59 5. Domenico Pozzovivo (ITA) - Intermarché-Wanty +1:01 6. Pello Bilbao (ESP) - Bahrain Victorious +1:52 7. Emanuel Buchmann (GER) - Bora-Hansgrohe +1:58 8. Vincenzo Nibali (ITA) - Astana-Kasachstan +2:58 9. Juan Pedro Lopez (ESP) - Trek-Segafredo +4:04 10. Alejandro Valverde (ESP) - Movistar +9:06 11. Jan Hirt (CZE) - Intermarché-Wanty +9:16 12. Guillaume Martin (FRA) - Cofidis +9:44 13. Wilco Kelderman (NED) - Bora-Hansgrohe +10:34 14. Lucas Hamilton (AUS) - Bikeexchange-Jayco +11:28 15. Thymen Arensman (NED) - DSM +11:47 16. Lorenzo Fortunato (ITA) - Eolo-Kometa +16:46 17. Simon Yates (GBR) - Bikeexchange-Jayco +18:44 18. Bauke Mollema (NED) - Trek-Segafredo +19:57 19. Sam Oomen (NED) - Jumbo-Visma +20:43 20. Hugh Carthy (GBR) - EF Education-Nippo +21:18
Im ersten Drittel der nur 147 Kilometer langen 14. Etappe schenkten sich die Fahrer nichts. Es kam keine Fluchtgruppe weg, wohingegen hinten einige der sprintstarken Fahrer im ersten bezeichneten Anstieg abplatzten. Dort schnappte sich 104 Kilometer vorm Ziel Diego Rosa (Eolo) in seinem blauen Bergtrikot 9 Punkte, vorbei an den kurz zuvor ausgerissenen Konovalovas (Groupama) und Dombrowski (Astana). Auf der Abfahrt stießen Peters (AG2R), Zana (Bardiani), Zwiehoff (Bora), Camargo (EF), Moniquet (Lotto), Sosa (Movistar), Knox (Quick Step) und Covi (UAE) hinzu, dann noch Riesebeek (Alpecin). Bestplatzierter von diesen 12 Fahrern in der Gesamtwertung war vor der 14. Etappe Ivan Sosa mit 7:39 Minuten Rückstand.
Das alles spielte aber schon bald keine Rolle mehr, weil etwas überraschend nicht das Team von Carapaz, sondern von Hindley das Heft des Handels mit aller Konsequenz in die Hand nahm. Als nun Valverde ins Hintertreffen geriet, sah es zunächst auch so aus, als seien die Stecker bei Almeida, Landa und Bilbao schon sensationell früh gezogen. Doch diese 3 Fahrer schafften noch so gerade eben die Auslese der 12 Fahrer, bestehend aus dem Trio Kelderman, Buchmann, Hindley (alle Bora), dem Duo Pozzovivo und Hirt (auch Intermarché), dem überraschend früh isolierten Carapaz sowie Nibali, Yates und dem rosanen Lopez.
Hirt platzte aus der Spitzengruppe kurz nach Kelderman ab, als es das 2. Mal den Superga-Anstieg hinauf ging. Nacheinander ließen nun auch Yates, Almeida, Pozzovivo, Bilbao und Buchmann abreißen. Bei Hindley und Carapaz waren demnach nur noch Nibali sowie auf letzter Rille Landa und Lopez. Es folgte je eine Attacke von Carapaz und Hindley, die jedoch nicht zündeten. Außer Nibali, Landa und Lopez kehrten auch die abgehängten Almeida, Buchmann, Bilbao, Pozzovivo und Yates noch einmal zurück zur Spitze. 30 Kilometer vorm Ziel probierte Buchmann eine Attacke, die jedoch Landa sofort parierte. Nibali führte den Rest heran.
Es folgte die Attacke von Carapaz 28,6 Kilometer vorm Ziel, die fast wie die Sieg bringende aussah. Zu diesem Zeitpunkt hätte man davon reden können, dass der Olympiasieger seine eigenen, schon lange zurückgefallenen Helfer geschont hatte, stattdessen Hindleys Helfer die Arbeit machen ließ und selbst die Früchte von deren Arbeit ernten konnte. Denn bis zum Gipfel baute er einen Vorsprung von fast einer halben Minute vor den 8 Verfolgern auf.
Doch der aufreibende Tag war bot den Zuschauern noch mehr: 15 Kilometer vorm Ziel attackierte Nibali mit Hindley am Rad, 25 Sekunden hinter Carapaz. Lopez war inzwischen über 2 Minuten zurück. Yates blieb als einziger Fahrer auf Sichtweite zu Hindley und Nibali. Von denen beschleunigte nun Hindley und schloss 14 Kilometer vorm Ziel die Lücke zu Carapaz. Auch Nibali und Yates erreichten noch vor dem letzten Bergpreis die Spitze. Dort, am Colle della Maddalena innerhalb der letzten 12 Kilometer, waren Almeida und Pozzovivo mit nur 15 Sekunden Rückstand die ersten Verfolger des Spitzenquartetts.
Knapp 5 Kilometer vorm Ziel war noch ein Bonussprint um 3, 2, 1 Sekunden auf steigendem Terrain ausgelobt. Yates nutzte das kurze Belauern von Carapaz und Hindley an diesem letzten Anstieg geschickt zur Attacke. Wegen seines großen Rückstandes in der Gesamtwertung war der eigentliche Favorit auf den Gesamtsieg schon vor der 14. Etappe vielfach als Favorit für den Tagessieg genannt worden, allerdings wohl eher aus einer frühen Spitzengruppe ohne Klassementfahrer. Taktisch war die Ausgangssituation für Yates nun fast noch besser, um seinen insgesamt schon 6. Etappensieg bei einem Giro d'Italia einzufahren. In dem letzten Anstieg löste sich auch noch Pozzovivo von Almeida.
Die verblieben 2 Bonussekunden beim Zwischensprint hinter Yates holte Carapaz. Hindley blieb eine. Im Zielsprint hingegen setzte sich Hindley klar um den 2. Platz für weitere 6 Bonussekunden durch. Carapaz auf dem 3. Platz bekam noch einem 4 gutgeschrieben. Abgesehen von den Zeitabständen im Ziel könnte die 14. Etappe auch noch erhebliche Nachwirkungen haben, wenn die Fahrer zum Beispiel ordentlich vorgekocht am Folgetag in die erste Alpenetappe mit 2 Kategorie-1-Bergen plus Bergankunft starten müssen ...
Bergwertung 1. Diego Rosa (ITA) - Eolo-Kometa 92 p. 2. Koen Bouwman (NED) - Jumbo-Visma 69 3. Jai Hindley (AUS) - Bora-Hansgrohe 62 4. Richard Carapaz (ECU) - Ineos Grenadiers 56 5. Lennard Kämna (GER) - Bora-Hansgrohe 43 6. Wilco Kelderman (NED) - Bora-Hansgrohe 36 7. Bauke Mollema (NED) - Trek-Segafredo 30
Vorschau auf diese Etappe: Das Profil der 14. Etappe des Giro d'Italia 2022 gleicht dem Blatt einer Säge. Das liegt daran, dass im unmittelbaren Osten Turins 2-mal ein Rundkurs mit Superga-Bric del Luca (5 Kilometer à 8,6 %, maximal 14 %) sowie Colle della Maddalena (3,5 Kilometer à 8,6 %, maximal 20 %) befahren wird. Mit der Achterbahnfahrt vom tiefsten Punkt in Turin auf 222 Meter bis maximal 698 Meter am Colle della Maddalena wird es jedenfalls keine Verschnaufpause geben. Der vorletzte Anstieg des Tages am Colle della Maddalena ist nur 11,8 Kilometer vorm Ziel vollendet, der letzten Gegenhügel – Parco del Nobile – dann ironischerweise mit Zwischensprint-Abnahme versehen. Die technische Abfahrt endet erst 700 Meter vorm Ziel. Nach einer letzte Rechtskurve ist die flache Zielgerade unten am Po dann 600 Meter lang.
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