Giro d'Italia 2018, 19. Etappe

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Zielankunft am Monte Jafferau: ca. 17:15 Uhr

Froome mit 80-Kilometer-Solo ins Rosa Trikot

Chris Froome (Sky) außerirdisch: Nach einem über 80 Kilometer langen Solo, das er am Colle delle Finestre startete, vollendete er zum Sieg auf der 19. Etappe des Giro d'Italia 2018. Im Ziel am Monte Jafferau oberhalb von Bardonecchia hatten die 4 ersten Verfolger über 3 Minuten Rückstand - auf einer zermürbenden Königsetappe, von der man noch sehr lange reden wird.

Yates bricht ein

Mit 3:22 Minuten Rückstand aufs Rosa Trikot ging Froome in die 19. Etappe, als Gesamtführender mit 40 Sekunden Vorsprung vor Tom Dumoulin (Sunweb) kam er heraus. Dumoulin blieb auf dem 2. Platz der Gesamtwertung, weil Simon Yates (Mitchelton) im Rosa Trikot schon am Colle delle Finestre einbrach. Es entflammte ein Fernduell zwischen Froome und Dumoulin ums Rosa Trikot.

Froome wurde von seinem Team am Finestre lanciert und beschleunigte dann atemberaubend allen davon. Dahinter wuchs der Rückstand eines Quintetts über Sestriere bis zum Schlussanstieg sukzessive an. Auf der Berg- und Talfahrt hinter dem Finestre führten in der Verfolgung nur Dumoulin sowie Thibaut Pinot und dessen Helfer Reichenbach (beide Groupama). Richard Carapaz (Movistar) und Miguel Angel Lopez (Astana) lutschten konsequent an deren Hinterrädern.

Fernduell zwischen Froome und Dumoulin

Den Schlussanstieg fuhren Froome und Dumoulin gleich schnell. Carapaz, Pinot und Lopez sprangen Dumoulin auf dem letzten Kilometer noch für die Plätze 2 bis 4 davon. Dumoulin verlor 3:23 auf Froome, zuzüglich Zeitbonifkationen. Sébastien Reichenbach hielt den 6. Platz.

Erst über 8 Minuten hinter Froome erreichten die nächsten Fahrer das Ziel, darunter der bisherige Gesamtdritte Domenico Pozzovivo (Bahrain). Über Finestre und Sestriere hinweg kam es also zu den erwartet riesigen Abständen. Nur mit einem derartigen Solo war eher nicht zu rechnen. Das Gesamtklassement wurde ordentlich durchgeschüttelt. Yates verlor fast 40 Minuten.

 

Ergebnis
 1. Christopher Froome (GBR)   - Sky                      5:12:26
 2. Richard Carapaz (ECU)      - Movistar                   +3:00
 3. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ               +3:07
 4. Miguel Angel Lopez (COL)   - Astana                     +3:12
 5. Tom Dumoulin (NED)         - Sunweb                     +3:23
 6. Sébast. Reichenbach (SUI)  - Groupama-FDJ               +6:13
 7. Davide Formolo (ITA)       - Bora-Hansgrohe             +8:22
 8. Sam Oomen (NED)            - Sunweb                     +8:23
 9. Patrick Konrad (AUT)       - Bora-Hansgrohe           gl.Zeit
10. Pello Bilbao (ESP)         - Astana                   gl.Zeit
11. Domenico Pozzovivo (ITA)   - Bahrain-Merida             +8:29
12. George Bennett (NZL)       - LottoNL-Jumbo              +8:38
13. Alexandre Geniez (FRA)     - AG2R La Mondiale           +9:45
14. Sergio Henao (COL)         - Sky                       +11:09
15. Wout Poels (NED)           - Sky                      gl.Zeit
16. Ben Hermans (BEL)          - Israel Academy            +14:00
17. Gianluca Brambilla (ITA)   - Trek-Segafredo            +14:20
18. Rohan Dennis (AUS)         - BMC                       +14:38
19. José Gonçalves (POR)       - Katusha-Alpecin           +14:55
20. Robert Gesink (NED)        - LottoNL-Jumbo             +15:41
21. Georg Preidler (AUT)       - Groupama-FDJ              +19:32
...
42. Carlos Betancur (COL)      - Movistar                  +34:28
79. Simon Yates (GBR)          - Mitchelton-Scott          +38:51
81. Maximil. Schachmann (GER)  - Quick Step Floors         +38:51
- 151 Fahrer klassiert.
DNF Louis Vervaeke (BEL)       - Sunweb
DNF Mickael Cherel (FRA)       - AG2R La Mondiale
DNF Mirco Maestri (ITA)        - Bardiani-CSF
DNF William Bonnet (FRA)       - Groupama-FDJ
DNF Ben O'Connor (AUS)         - Dimension Data
DNF Wassil Kirijenka (BLR)     - Sky
DNF Fabio Aru (ITA)            - UAE-Emirates

 

40 Sekunden trennen Froome und Dumoulin

Wie so oft kam es beim Giro zu einem späten Umsturz in der Gesamtwertung. Nach 13 Tagen im Rosa Trikot erwischte es 2018 Simon Yates. Froome eroberte 2 Tage vor Ende der Rundfahrt die Gesamtführung mit einem Satz von Platz 4 auf 1. Die 40 Sekunden Vorsprung vor der letzten langen Alpenetappe müssten eigentlich reichen?

Vorjahressieger Tom Dumoulin dürfte jedenfalls den 2. Platz gesichert haben. Pinot stieg 4:17 Minuten hinter Froome auf den 3. Platz - einen besser als im Vorjahr - und wehrte Lopez und Carapaz ab. Deren Auftritt konnte man wahlweise als geschickt oder beschämend bezeichnen. Beide versteiften sich auf die Jungprofi-Wertung.

Pozzovivo fiel vom 3. auf den 6. Platz zurück, nun ohne sichtbare Ambitionen nach vorne oder hinten. Pello Bilbao (Astana) verbesserte sich um einen auf den 7. Platz, Patrick Konrad (Bora) um 2 auf den 8. Platz. Yates wurde auf den 18. Platz durchgereicht.

 

Gesamtwertung
 1. Christopher Froome (GBR)   - Sky                     80:21:59
 2. Tom Dumoulin (NED)         - Sunweb                     +0:40
 3. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ               +4:17
 4. Miguel Angel Lopez (COL)   - Astana                     +4:57
 5. Richard Carapaz (ECU)      - Movistar                   +5:44
 6. Domenico Pozzovivo (ITA)   - Bahrain-Merida             +8:03
 7. Pello Bilbao (ESP)         - Astana                    +11:08
 8. Patrick Konrad (AUT)       - Bora-Hansgrohe            +12:19
 9. George Bennett (NZL)       - LottoNL-Jumbo             +12:35
10. Sam Oomen (NED)            - Sunweb                    +14:18
11. Davide Formolo (ITA)       - Bora-Hansgrohe            +15:16
12. Alexandre Geniez (FRA)     - AG2R La Mondiale          +16:29
13. Rohan Dennis (AUS)         - BMC                       +16:38
14. Wout Poels (NED)           - Sky                       +17:40
15. Sergio Henao (COL)         - Sky                       +26:02
16. José Gonçalves (POR)       - Katusha-Alpecin           +28:16
17. Sébast. Reichenbach (SUI)  - Groupama-FDJ              +35:29
18. Simon Yates (GBR)          - Mitchelton-Scott          +35:42
19. Carlos Betancur (COL)      - Movistar                  +40:47
20. Georg Preidler (AUT)       - Groupama-FDJ              +53:55

 

Keine frühen Ausreißer nennenswert weggelassen

Zu Beginn der 15. Etappe ließ das Team des Noch-Gesamtführenden Simon Yates bis zum Fuß des Colle delle Finestre keine Gruppe mehr als eine Minute weg. So wurden ten Dam (Sunweb), Cherel, Montaguti (beide AG2R), Masnada (Androni), Sanchez, Villella (beide Astana), Visconti (Bahrain), Ciccone (Bardiani), Formolo (Bora), Neilands (Israel Academy), Betancur (Movistar), Pedrero, Stybar (Quick Step), Dombrowski, Brown (beide EF), Goncalves (Katusha), de la Cruz, Henao (beide Sky), Brambilla, Pantano (beide Trek), Atapuma und Conti (Beide UAE) 104 Kilometer vor dem Ziel wieder eingeholt.

Es fanden sich dann 9 Ausreißer, die mit nicht einmal einer Minute Vorsprung in den Finestre gingen: Montaguti, Torres (Androni), Sanchez, Neilands, Brown, Bouwman, van Poppel (beide LottoNL), Atapuma und Conti. Luis Leon Sanchez hängte alle ab, gab aber 84,5 Kilometer das sinnlose Unterfangen auf.

Froomes Team schraubt Tempo am Finestre hoch

Denn im Hauptfeld hatte Froomes Team die Tempoarbeit fulminant übernommen - mit schnell sichtbaren Konsequenzen: Keine 5 Kilometer in in diesem Anstieg drin musste Yates schon abreißen lassen. Und da waren noch fast 90 Kilometer zu fahren.

Froome hatte noch 4 Helfer bei sich (Poels, Elissonde, Henao und de la Cruz), da hielten außerdem nur noch Dumoulin, dessen Helfer Oomen (Sunweb), Pozzovivo, Pinot, Reichenbach, Carapaz, Bilbao, Bennett (LottoNL), O'Connor (Dimension Data) und Formolo (Bora) mit. Lopez schien in Schwierigkeiten, biss sich aber am Schwanz der Gruppe fest.

Dann bereitete Kenny Elissonde als letzter Helfer die Wahnsinns-Offensive von Froome vor. Außer Dumoulin, Pinot, Reichenbach und Carapaz platzten nun alle ab, noch bevor Froome selbst beschleunigte, auch Lopez und Pozzovivo. Lopez hing knapp hinter der Dumoulin-Gruppe, dann kam Bilbao, dann Pozzovivo mit Oomen, Poels und Formolo.

Dumoulin, Pinot und Reichenbach verfolgen...

Bis zum Finestre-Gipfel, der Cima Coppi 2018, öffnete Froome einen Vorsprung von 40 Sekunden auf Dumoulin, Pinot, Carapaz und den in diese Gruppe zurückkehrenden Lopez. Reichenbach folgte einige Sekunden dahinter. Kurz unterhalb der Passhöhe hatte Pinot das Rad gewechselt. Dumoulin wartete aber auf ihn ebenso wie dann auf Reichenbach in der Abfahrt. Bereits 2:15 Minuten Rückstand wiesen oben Bilbao, Pozzovivo, O'Connor, Bennett, Oomen und Poels auf. Yates verlor am Finestre schon über 16 Minuten!

Die Abfahrt war im oberen Teil vom Schmelzwasser durchzogen. Froome ließ es bergab so richtig laufen, während die Verfolgergruppe auf den vorsichtigen Reichenbach wartete. In der Finestre-Abfahrt holte Froome mehr heraus als im Finestre-Anstieg. Vor dem flacheren Anstieg nach Sestriere war der Vorsprung auf 90 Sekunden gestiegen. Die Pozzovivo-Gruppe wurde hier mit 2:40 gemeldet.

56 Kilometer vor dem Ziel nahm Froome beim Zwischensprint 10 Bonussekunden mit. Dumoulin sicherte sich deren 6, allerdings nun schon 2 Minuten hinter Froome. Pozzovivo & Co. lagen bei 3. Hier kreisten Pozzovivo, Bennett, O'Connor, während Bilbao, Oomen und Poels mit Verweis ihre Teamkollegen vorne sich im Windschatten aufhielten.

...Lopez und Carapaz lutschen

Ebenfalls keinen Meter im Wind fuhren Lopez und Carapaz. Sie konnten schön lutschen, weil Dumoulin, Pinot und Reichenbach gemeinsam schneller fuhren als die Pozzovivo-Gruppe - und damit außer Pinot auch Lopez und Carapaz in der Gesamtwertung an Pozzovivo vorbeigingen. Doch auch zu Froome ging die Schere weiter auf. In Sestriere hatte der 33-jährige Brite 2:45 Minuten Vorsprung vorm Verfolgerquintett und fast 5 Minuten vor der Pozzovivo-Gruppe, die inzwischen von hinten Zuwachs bekommen hatte, darunter Patrick Konrad.

Virtuell waren Froome und Dumoulin nun für einige Kilometer gleichauf im Fernkampf ums Rosa Trikot. In der zweiten Verfolgergruppe stürzte Ben O'Connor in der Abfahrt von Sestriere. Statt einer Verbesserung in die Top-Ten der Gesamtwertung musste O'Connor aufgeben.

Riesenabstände vor Schlussanstieg

Im Tal von Oulx angekommen schnupperte Froome mit nun 3 Minuten Vorsprung schon am Rosa Trikot. In dem leicht steigenden Stück nach Bardonecchia legte er Sekunde um Sekunde drauf und ging in den Schlussanstieg mit 3:20 Vorsprung. Pozzovivo hatte hier mittlerweile 8. Reichenbach übernahm am Fuße des Monte Jafferau kurz ein letztes Mal die Führung, bevor Pinot attackierte. Dumoulin ließ ein erstes Mal abreißen, kam aber immer wieder zu seinen 3 Begleitern zurück. Denn Pinot und Lopez attackierten nun wiederholt.

Irgendwann sortierten sich Pinot, Carapaz und Lopez doch hinter dem gleichmäßig fahrenden Dumoulin ein. Carapaz' erste Attacke erfolgte kurz vorm Ziel für den 2. Platz vor Pinot. Jetzt konnte Dumoulin nicht mehr antworten. Carapaz knabberte nur wenige Sekunden von Lopez' rund einminütigem Vorsprung in der Jungprofi-Wertung weg. Froome nahm Yates im Vorbeigehen auch noch die Führung in der Bergwertung ab.

 

Bergwertung
 1. Christopher Froome (GBR)   - Sky                       123 p.
 2. Simon Yates (GBR)          - Mitchelton-Scott           91
 3. Thibaut Pinot (FRA)        - Groupama-FDJ               70
 4. Richard Carapaz (ECU)      - Movistar                   65
 5. Giulio Ciccone (ITA)       - Bardiani-CSF               52
 6. Tom Dumoulin (NED)         - Sunweb                     49
 7. Esteban Chaves (COL)       - Mitchelton-Scott           47
 8. Domenico Pozzovivo (ITA)   - Bahrain-Merida             40
 9. Matteo Montaguti (ITA)     - AG2R La Mondiale           37
10. Miguel Angel Lopez (COL)   - Astana                     37

 

Geschichtsträchtige Etappe für die Ewigkeit

Die 19. Etappe des Giro 2018 wird jedenfalls in die Geschichte eingehen. Denn im modernen Radsport sieht man solche langen, packenden, aufreibenden Fluchten nur noch äußerst selten. Bei den großen WorldTour-Rennen kommt dies eigentlich nur noch im Rahmen der Eintagesklassiker Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix vor. Was Froome und auch seine Verfolger für einen Kampf boten war schwer beeindruckend.

Ergebnis auch?

Streckenweise fühlte man sich an das Siegessolo von Floyd Landis während der Tour de France 2006 erinnert. Der schlüpfte dort ins Gelbe Trikot, doch Etappen- und Gesamtsieg wurden ihm wegen eines positiven Tests auf Testosteron wieder aberkannt. Ähnliches Ungemach droht Froome aus einem anderen Grund: Der 4-malige Tour-de-France-Sieger fährt nach seinem Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt 2017 unter Vorbehalt. Über ein Strafmaß bezüglich des stark überhöhten Wertes auf ein Asthmamittel ist 8 Monate später immer noch nicht entschieden.


Vorschau auf diese Etappe: Der Colle delle Finestre bildet das Herzstück der 19. Etappe des Giro d'Italia 2018. Auf 18,5 durchgängig steilen Kilometern wechselt der Belag für die letzten 8 Kilometer vor dem Gipfel von Asphalt zu Schotter. Nach der Finestre-Abfahrt folgt auf breiter Straße der Anstieg nach Sestriere, wo diesmal jedoch noch nicht Schluss ist. Es geht weiter mit einer langen Abfahrt und einem mäßig steigenden Stück nach Bardonecchia. Dort rundet der 7,25 Kilometer lange Schlussanstieg am Monte Jafferau die 19. Etappe ab. Was die Fahrer daraus machen, hängt vor allem von der Rennkonstellation hinter dem Colle delle Finestre ab. Wer dort allein ist, steht auf verlorenem Posten.
→ Profile, Landkarten und mehr Informationen auf www.giroditalia.it
→ Profil des Finestre-Anstiegs auf www.altimetrias.net

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Giro d'Italia 2018
19. Etappe (184,0km)
von Venaria Reale
nach Bardonecchia (Jafferau)

2 -km136 13:11 Colle del Lys
S -km110 13:45 Sant'Antonio di Susa
CC -km74 15:10 Colle delle Finestre
S -km57 15:32 Pragelato
3 -km46 16:00 Sestriere
1 -km0 17:15 Jafferau

Etappensieg:
Christopher Froome (GBR)

Rosa Trikot:
Christopher Froome (GBR)

Punktewertung:
Elia Viviani (ITA)

Bergwertung:
Christopher Froome (GBR)
- Vertreter: Yates

Jungprofi-Wertung:
Miguel Angel Lopez (COL)

Teamwertung:
Sky

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