Flandern-Rundfahrt 2023

(BEL/1.UWT) - Siegerliste Flandern-Rundfahrt

Pogacar wird zur lebenden Legende

Tadej Pogacar (UAE) triumphierte bei der Flandern-Rundfahrt 2023 als Solist. Der 24-jährige Slowene hatte im Ziel 16 Sekunden Vorsprung vor Mathieu van der Poel (Alpecin), dem er im Vorjahr noch unterlegen war. Pogacar war der erste Tour-de-France-Sieger seit Eddy Merckx 1975 und der dritte überhaupt (außerdem: Bobet), der die Flandern-Rundfahrt für sich entscheiden konnte. Ein Grand-Tour-Gesamtsieger auch in der Siegerliste eines Pflaster-Monuments – man hätte es sich im modernen Radsport kaum noch vorstellen können. Von den 5 Monumenten hatte Pogacar bereits Lüttich und 2-mal Lombardei im Kasten.

Pogacar stellte van der Poel im Oude Kwaremot 17 Kilometer vorm Ziel ab und ging vorbei an Mads Pedersen (Trek), der aus einer vorherigen Spitzengruppe 13 Kilometer als Solist in Front unterwegs gewesen war. Von den 3 großen Rennfavoriten hatte Wout van Aert (Jumbo) schon zuvor am Kruisberg einer Attacke von van der Poel nicht mehr folgen können. Im Sprint aus 7 Verfolgern um den 3. Platz konnte Pedersen von vorne trotzdem van Aert auf die 4 verweisen.

Pedersen stammte wie der Rest der Top-Ten – abgesehen von den 3 Siegfavoriten Pogacar, van der Poel und van Aert – aus einer Gruppe, die sich etwas mehr als 100 Kilometer vorm Ziel nach Attacke des Ex-Siegers Kasper Asgreen (Soudal) aus dem Hauptfeld abgesetzt hatte, zuerst mit 9 Fahrern, dann ergänzt um 2. Von diesen 11 Fahrern belegte Neilson Powless (EF) am Ende den 5. Platz vor Stefan Küng (Groupama) und Asgreen.

In der 2. von 3 Kwaremont-Passagen zündete Pogacar die Vorstufe und zerlegte damit bereits das verbliebene Hauptfeld. Nur van der Poel, van Aert, dessen Teamkollege Laporte und anfänglich noch Pidcock (Ineos) fanden noch einmal Anschluss. Im Koppenberg reduzierte Pogacar 46 Kilometer vorm Ziel das Ganze auf van der Poel und van Aert – zu diesem Zeitpunkt noch anderthalb Minuten hinter der Spitzengruppe um Pedersen, Powless, Asgreen und Küng.

Eine Mammutdistanz von 272,5 Rennkilometern stand noch auf der Uhr, als die Flandern-Rundfahrt 2023 erstmals seit 7 Jahren wieder in Brügge begonnen wurde. Der Start erfolgt von nun an alternierend mit Antwerpen. Nach dem Dauerregen der vergangenen Tagen erwartete die Fahrer eine kühle, aber trockene Flandern-Rundfahrt. Bei einstelligen Temperaturen waren die Straßen und Pflasterpassagen nur noch teilweise leicht nass.

Innerhalb der ersten 70 Kilometer zerriss das Peloton gleich 2-mal auf der Windkante. Das eine Mal fand sich van der Poel im hinteren Teil wieder, das andere Mal Pogacar. Deren Teamkollegen bereinigten die Situation. Erst danach konnte sich eine erste Spitzengruppe mit Außenseitern nennenswert absetzen, bestehend aus de Buyst (Lotto), Hoole (Trek), Reinders (Jayco), Colombo (Q36.5) und van Keirsbulck (Bingoal). Im ersten flachen Pflasterabschnitt setzten Rutsch (EF) und Merlier (Soudal) 165 Kilometer vorm Ziel nach. Das Duo sowie wenig später Houle (Israel) holten wenig später die 5 Spitzenreiter ein.

Es folgte eine Phase, in der die nun 8-köpfige Spitzengruppe ihren Vorsprung auf bis zu 6 Minuten ausbauen konnte und sich eine Serie an teils heftigen Stürzen im Hauptfeld ereignete. In einen kleineren Sturz innerhalb der letzten 160 Kilometer war van Aert verwickelt, was man ihm hinterher an einer Wunde auch noch ansah.

In einem heftigen Massensturz 142 Kilometer vorm Ziel ging fast die Hälfte des Hauptfelds zu Boden. Maciejuk (Bahrain) geriet neben der breiten Hauptstraße in die glitschige Wiese und rauschte dann an der Spitze des Feldes wie auf einer Kegelbahn von der Seite volles Rohr in Wellens (UAE) hinein, ohne selbst dabei zu stürzen. Tim Wellens ging jedoch wie etliche Fahrer hinter ihm, die nicht ausweichen konnten, hart zu Boden. Er musste das Rennen ebenso sofort aufgeben wie der ehemalige Doppel-Weltmeister Alaphilippe (Soudal). Filip Maciejuk wurde kurz nach dem Vorfall von der Jury disqualifiziert und aus dem Rennen genommen.

114 Kilometer vor dem Ziel kam es zu einem weiteren Crash, diesmal auf Pflaster, dem van der Poel nur knapp ausweichen konnten. Auf den nächsten Kilometern ging eine Gruppe mit Pedersen, Gianni Vermeersch (Alpecin), Matteo Trentin (UAE), Kevin Geniets (Groupama), Nathan van Hooydonck (Jumbo), Yves Lampaert (Soudal), Jhonathan Narvaez (Ineos) und Krists Neilands (Israel). Außerdem hatte sich Pogacar hineingeschmuggelt. Damit war diese Gruppe natürlich schnell wieder gestellt. Der Vorsprung der 8 Spitzenreiter betrug inzwischen 3:15 Minuten.

Eine Vorentscheidung für alle, die nicht Pogacar, van der Poel oder van Aert hießen, fiel unmittelbar nach Einholung der Pogacar-Gruppe durch eine Attacke von Asgreen im Molenberg. Wie zuvor waren Pedersen, Trentin, van Hooydonck und Narvaez dabei, dazu diesmal Florian Vermeersch (Lotto), Powless, Küng und Fred Wright (Bahrain). Noch hinspringen zu diesen 9 Fahrern konnten Matteo Jorgenson (Movistar) und Benoît Cosnefroy (AG2R). Schnell verkürzten diese nun 11 Verfolger den Rückstand auf die Spitzengrzuppe und holten diese 77 Kilometer vorm Ziel im Berg ten Houte ein.

Das Hauptfeld lag nun 2 Minuten im Hintertreffen. Es folgten verzweifelte Attacken von Fahrern aus Teams, die den entscheidenden Zug verpasst hatten, zuerst von Nils Politt (Bora), dem sich wenig später Axel Zingle (Cofidis) anschloss. Bevor sich dieses Duo vereinigte, gab es noch einen Highspeed-Crash im Hauptfeld, bei dem Biniam Girmay (Intermarché) sich mehrfach auf der Straßen rollte und ein paar Fahrer über ihn stürzten.

56 Kilometer vorm Ziel knallten Pogacar und seine Teamkollegen in die vorletzte Kwaremont-Passage herein. Bereits hier hängte Pogacar alle anderen ab und schoss vorbei an Politt und Zingle. Dahinter fanden sich van der Poel, van Aert, Christophe Laporte und Tom Pidcock. Laporte attackierte und fuhr vor zu Pogacar. Diese beiden wurden jedoch kurz vor dem Koppenberg wieder von van der Poel, van Aert und Pidock eingeholt. Als Anhängsel hatten sie zu diesem Zeitpunkt noch Politt dabei, der sich wie mehrere danach von vorne zurückfallende Fahrer hinter die Rennfavoriten im Flachstück bis zum nächsten Anstieg halten konnte.

Im Koppenberg waren nach Pogacars Verschärfung dann nicht nur Politt, sondern auch Laporte und Pidcock Geschichte. 37 Kilometer vorm Ziel zog Asgreen die immer kleiner werdende Spitzengruppe 40 Sekunden vor dem Verfolgertrio rüber. In diesem hatte van der Poel zu Einstieg ein technisches Problem, sprintete dann aber wieder in der Pflastersteigung vor zu van Aert und Pogacar.

30 Kilometer vorm Ziel waren van Hooydonck, Trentin, Vermeersch, Pedersen, Asgreen, Powless, Wright, Küng und Jorgenson an der Spitze übrig geblieben, als Pedersen davon schlich und sein Solo begann. 40 Sekunden hinter diesem Geschehen zeigte van der Poel im Kruisberg einen Monster-Antritt von der Sorte, mit der er 2 Wochen zuvor Mailand-Sanremo für sich entschied. Diesmal blieb allerdings Pogacar dran, wohingegen van Aert nicht mehr mitgehen konnte. Hinter dem Kruisberg holten Pogacar und van der Poel 22 Kilometer vorm Ziel die Verfolger von Pedersen ein, der inzwischen über eine halbe Minute voraus war. Trentin opferte sich nun für Pogacar und van Hooydonck ließ sich für van Aert zurückfallen.

Im letzten Kwaremont dampfte Pogacar schließlich allen, auch van der Poel, davon. Er saugte die halbe Minute auf Pedersen im Nu auf. Auch van der Poel ging noch an Pedersen vorbei. Bis zum Gipfel des letzten Anstiegs, dem Koppenberg 13 Kilometer vor dem Ziel, blieb der Abstand zwischen Pogacar und van der Poel bei konstant 15 Sekunden. Im Flachstück zum Ziel vergrößerte sich dieser auf knapp eine halbe Minute und ging erst wieder auf der Zielgerade zurück, als Pogacar seinen Triumph feiernd austrudelte.

Van Aert hatte im Oude Kwaremont Küng, Wrigth, Asgreen, Powless, Jorgenson und Trentin eingeholt. Im Paterberg konnte Pedersen – nun schon 45 Sekunden hinter Pogacar – vor dieser Verfolgergruppe noch 5 Sekunden auf die Kuppe retten, wurde aber wenig später eingeholt. Ohne große Taktiererei ging es einem Sprint um den 3. Platz entgegen, obwohl die Lücken sowohl nach vorne als auch nach hinten relativ groß waren.

Hinter Wright, Jorgenson und Trentin brachten van Hooydonck und Vermeersch noch die Plätze 11 und 12 ins Ziel. Von dem abgeschlagenen Rest konnte sich Benoot (Jumbo) immerhin noch auf dem 13. Platz vor seinem Teamkollegen Laporte einreihen. Gemeinsam mit ihrem Kapitän van Aert konnten sie nach siegreichen Vorstellungen in der Woche zuvor bei E3-Preis, Gent-Wevelgem und Quer durch Flandern nun beim wichtigsten flandrischen Rennen nicht einmal einen Podestplatz erringen. Chance zur Revanche besteht eine Woche später am Ostersonntag bei Paris-Roubaix, das allerdings 2023 noch nicht im Rennkalender von Tadej Pogacar steht ...

 

So 2. April 2023, Brügge - Oudenaarde
Ergebnis der 107. Auflage Ronde van Vlaanderen (272,5km)
 1. Tadej Pogacar (SLO)        - UAE-Emirates             6:12:07
 2. Mathieu van der Poel (NED) - Alpecin-Deceuninck         +0:16
 3. Mads Pedersen (DEN)        - Trek-Segafredo             +1:12
 4. Wout van Aert (BEL)        - Jumbo-Visma               alle
 5. Neilson Powless (USA)      - EF Education-Easypost
 6. Stefan Küng (SUI)          - Groupama-FDJ             gleiche
 7. Kasper Asgreen (DEN)       - Soudal-Quick Step
 8. Fred Wright (GBR)          - Bahrain Victorious        Zeit
 9. Matteo Jorgenson (USA)     - Movistar                   +1:19
10. Matteo Trentin (ITA)       - UAE-Emirates               +2:49
11. Nathan van Hooydonck (BEL) - Jumbo-Visma                +3:12
12. Florian Vermeersch (BEL)   - Lotto-Dstny                +3:31
13. Tiesj Benoot (BEL)         - Jumbo-Visma                +5:12
14. Christophe Laporte (FRA)   - Jumbo-Visma                +5:16
15. Mikkel Bjerg (DEN)         - UAE-Emirates             gl.Zeit
16. Benoît Cosnefroy (FRA)     - AG2R-Citroën             gl.Zeit
17. Anthony Turgis (FRA)       - Totalenergies              +6:04
18. Alexander Kristoff (NOR)   - Uno-X                      +6:09
19. John Degenkolb (GER)       - DSM
20. Nils Politt (GER)          - Bora-Hansgrohe
21. Ivan Garcia (ESP)          - Movistar                  alle
22. Dries van Gestel (BEL)     - Totalenergies
23. Tom van Asbroeck (BEL)     - Israel-Premier Tech      gleiche
24. Sep Vanmarcke (BEL)        - Israel-Premier Tech
25. Jhonatan Narvaez (ECU)     - Ineos Grenadiers          Zeit
...

 

Streckenverlauf

Außer an der Anfahrt in die flämischen Ardennen hat sich an der Strecke für die Flandern-Rundfahrt 2023 nichts geändert. Nach dem Start in Brügge, das sich ab diesem Jahr mit Antwerpen, dem Startort der vergangenen 6 Austragungen, abwechselt, trifft man nach 114 von 273,4 Rennkilometern auf den ersten Anstieg, also 159 Kilometer vorm Ziel. An der Strecke der Flandern-Rundfahrt wurde für 2022 im Finale nichts geändert. Wieder 3-mal wird der Oude Kwaremont passiert, 2-mal der Paterberg, zuletzt 16,7 und 13,3 Kilometer vor dem Zielort Oudenaarde. Das Doppel läutet zudem die heiße Phase 55 Kilometer vorm Ziel ein. Dazwischen folgen erneut Steenbeekdries, Taaienberg und Kruisberg/Hotond.

Anstiege («Hellingen»)km-ZeitLängemed.max.KSP*
 Huisepontweg16512:52---1,7
1.Korte Ast15913:000,54,3%9,6%-
2.Oude Kwaremont13713:312,24,0%11,6%1,5
3.Kortekeer12713:461,06,2%11,0%-
4.Eikenberg11913:571,25,2%10,0%1,2
 Holleweg11714:00---0,7
5.Wolvenberg11514:030,67,9%17,3%-
 Kerkgate11114:08---1,4
 Jagerij10914:12---0,8
6.Molenberg10214:210,57,0%14,2%0,3
7.Marlboroughstraat9814:272,03,0%7,0%-
8.Berendries9414:320,97,0%12,3%-
9.Valkenberg8914:400,58,1%128%-
10.Berg ten Houte7614:581,16,3%21,0%1,1
11.Kanarieberg7115:061,07,7%14,0%-
12.Oude Kwaremont5515:292,24,0%11,6%1,5
13.Paterberg5215:330,412,9%20,3%0,4
14.Koppenberg4515:430,611,6%22,0%0,6
 Mariaborrestraat4115:49---0,4
15.Steenbeekdries4015:511,13,1%7,6%1,1
 Stationsberg3915:52---0,7
16.Taaienberg3715:540,56,6%15,8%0,5
17.Kruisberg/Hotond2716:092,55,0%9,0%0,5
18.Oude Kwaremont1716:232,24,0%11,6%1,5
19.Paterberg1416:280,412,9%20,3%0,4
Zielankunft in Oudenaarde: Kilometer 273,4 ca. 16:47 Uhr
*) Kopfsteinpflaster

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