London 2012 - Straßenrennen

London-Übersicht - Siegerliste Olympia-Straßenrennen

Winokurow Olympiasieger gegen schlafende Konkurrenz
Alexander Winokurow gewann das olympische Straßenrennen von London deutlich im Zweiersprint vor Rigoberto Uran. Hinter dem Kasachen und dem Kolumbianer holte sich der Norweger Alexander Kristoff aus der Verfolgergruppe heraus die Bronzemedaille. Die großen Nationen verzockten sich auf ganzer Linie. Die Vorentscheidung fiel an der letzten von insgesamt 9 Überfahrten am Box Hill, als eine größere Gruppe aus dem Hauptfeld ausbrach und zu den letzten frühen Ausreißern aufschloss. Die Briten und Deutschen blieben beim entscheidenden Vorstoß stur bei ihrer Taktik: Alles für Cavendish und Greipel, kein Plan B, und damit kein einziger Fahrer in der rund 30-köpfigen Gruppe, die den Sieg unter sich ausmachte...

Ab Kilometer 40 vor dem Ziel hatte die Spitzengruppe fast beständig knapp eine Minute Vorsprung vor dem Hauptfeld, in dem die favorisierten Briten schon den ganzen Tag ihre Kräfte investierten. Zusammen mit den Deutschen konnten sie den Anschluss nach vorne nicht mehr herstellen, weil dort die frischeren Schweizer und Spanier ebenfalls fast in Teamstärke fuhren, zudem immer wieder unterstützt durch andere kleinere Nationen, die ebenfalls mehrfach vertreten waren. Fabian Cancellara brachte sich um den Lohn der Schweizer Arbeit, als er in 1. Position eine Kurve unterschätzte und in die Bande stürzte.

Etwa 8 Kilometer vor dem Ziel - der Vorsprung der Spitzengruppe war mittlerweile uneinholbar - löste sich Uran, und nur Winokurow folgte. Die anderen Fahrer schauten sich zu lange an und gaben Gold und Silber damit ohne große Gegenwehr her. Auf der Zielgeraden verschlief Uran den Antritt Winokurows, als er sich zur falschen Seite umschaute. Winokurows Konkurrenten agierten ohne Ausnahme glücklos, fast schon fahrig. Da war es bezeichnend, dass Silber auf einem eher flachen Kurs an eine Nation ging, die nur mit 3 Bergziegen angereist war.

Briten und Deutsche auf Autopilot
Auf der 250 Kilometer langen Strecke bildete sich schnell eine 12-köpfige Spitzengruppe mit Castroviejo, Pinotti, Roelandts, O'Grady, Duggan, Westra, Schär, Brajkovic, Mentschow, Beppu, Kristoff und Park. Alle großen Teams waren also dabei - außer Großbritannien und Deutschland. Der Vorsprung stieg auf über 6 Minuten. In der Nachführarbeit fuhren von Beginn an die Briten vergeblich für ihren Kapitän Cavendish, nur sporadisch unterstützt von Weißrussen und Österreichern. 

Außerhalb Londons trafen die Fahrer auf einen Rundkurs mit dem Box Hill, einem mäßig steilen Hügel, der 9-mal zu absolvieren war. In dieser Rennphase lösten sich immer wieder Gruppen aus dem Hauptfeld, jedoch stets ohne Briten und Deutsche. Aktivposten waren Vincenzo Nibali aus Italien und Philippe Gilbert für Belgien. Gilbert gelang etwa 70 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit weiteren Verfolgern (Rast, Griwko, Fuglsang, Paolini, Kreuziger, Bauer, Boom, Chavanel, Phinney) der Zusammenschluss an der Spitze. Wenig später startete Gilbert ein eher aussichtsloses Solo. Die Briten hatten den Rückstand des Hauptfelds zur Spitze auf inzwischen unter eine Minute heruntergeschraubt.

Cancellara ergriff bei der abschließenden Passage am Box Hill seine letzte Chance, stürmte mit weiteren Hochkarätern wie den Spaniern Valverde und Luis Leon Sanchez, Kolobnew, Winokurow, dazu den Kolumbianern Uran und Henao zur Verfolgergruppe vor, die bereits wieder auf Sichtweite fuhr zu Gilbert. Mit dieser vergrößerten und entschlossene Gruppe im Nacken nahm Gilbert die Beine hoch. Im Hauptfeld gingen die Briten nun auf dem Zahnfleisch. Die Deutschen stiegen erst ernsthaft in die Tempoarbeit ein, als eigentlich schon alles zu spät war. Die Taktik, einen Sprinter im Lehnstuhl auf die Zielgerade zu fahren, erwies sich als krasser Fehlgriff. Da hätten Cavendish oder Greipel vielleicht auch einmal selbst mitspringen müssen, oder dies einem ihrer Helfer erlauben sollen. So gewann Greipel den Sprint des Hauptfelds um den 26. Platz - toll!

Winokurow hingegen konnte einen krönenden Abschluss seiner wechselhaften, aber sehr erfolgreichen Laufbahn feiern. Gut einen Monat nach den Spielen von London wird Winokurow 39 Jahre alt. Der angriffslustige Kasache holte bereits vor 12 Jahren Silber in bei Olympia in Sydney.

 

Sa 28. Juli 2012, London
Ergebnis Olympisches Straßenrennen (250km)
 1. Alexander Winokurow (KAZ)              5h45:57
 2. Rigobert Uran (COL)                    gl.Zeit
 3. Alexander Kristoff (NOR)                 +0:08
 4. Taylor Phinney (USA)
 5. Sergej Lagutin (UZB)
 6. Stuart O'Grady (AUS)
 7. Jurgen Roelandts (BEL)
 8. Grégory Rast (SUI)
 9. Luca Paolini (ITA)
10. Jack Bauer (NZL)
11. Lars Boom (NED)
12. Jakob Fuglsang (DEN)
13. Rui Costa (POR)                         alle
14. Luis Leon Sanchez (ESP)
15. Roman Kreuziger (CZE)
16. Sergio Henao (COL)
17. Andrej Griwko (UKR)
18. Alejandro Valverde (ESP)
19. Philippe Gilbert (BEL)                 gleiche
20. Sylvain Chavanel (FRA)
21. Janez Brajkovic (SLO)
22. Fumiyuki Beppu (JPN)
23. Robert Gesink (NED)
24. Alexander Kolobnew (RUS)
25. Lars Petter Nordhaug (NOR)              Zeit
26. Jonathan Castroviejo (ESP)               +0:16
27. André Greipel (GER)                      +0:40
28. Tom Boonen (BEL)
29. Mark Cavendish (GBR)
30. Arnaud Démare (FRA) 
... 

 

Strecke, Erwartungen im Vorfeld

Das olympische Straßenrennen wurde auch in London 2012 - wie zuletzt in Athen und Peking - direkt am ersten Wettkamptag der Spiele ausgetragen. Die Start- und Zielline lag bei Olympia 2012 auf The Mall im Zentrum Londons. Der größte Teil der 250 Kilometer langen Strecke verlief dann allerdings südwestlich außerhalb Londons in der Grafschaft Surrey. Dort trafen die Fahrer auf einen rund 15,5 Kilometer langen Rundkurs, der auf den Box Hill in den North Downs führte. Beim Anstieg zum Box Hill waren rund 150 Höhenmeter auf 3 Kilometern zu bewältigen, dies insgesamt 9-mal, bevor es zurück nach London ging.

Insgesamt war die Olympia-Strecke 2012 im Straßenrennen eher als flach einzustufen, weswegen ein Massensprint im Vorfeld für wahrscheinlich gehalten wurde. Es galt dabei jedoch zu bedenken, dass selbst die stärksten Nationen nur mit 5 Fahrern an den Start gehen konnten, d.h. das Rennen schwer zu kontrollieren sein würde. Auch alle, die nicht Cavendish hießen, mussten das Rennen also noch nicht abschreiben. Gestartet wurde das Olympia-Straßenrennen um 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Da die deutschsprachigen TV-Sender erst später oder in Salamiform live ins Rennen gingen, empfahl sich stattdessen der offizielle Eurovisions-Livestream (dort Live Feed 03 wählen).

Startplätze, Startliste, Startnummern

Startliste in schnörkelloser Druckversion (PDF)
Spanien (5): 1 Castroviejo, 2 Rojas, 3 LL Sanchez, 4 Valverde, 5 Ventoso
Italien (5): 6 Modolo, 7 Nibali, 8 Paolini, 9 Pinotti, 10 Viviani
Großbritannien (5): 11 Cavendish, 12 Froome, 13 Millar, 14 Stannard, 15 Wiggins
Belgien (5): 16 Boonen, 17 Gilbert, 18 Roelandts, 19 van Avermaet, 20 Vandenbergh
Australien (5): 21 Evans, 22 Gerrans, 23 Goss, 24 O'Grady, 25 Rogers
USA (5): 26 Duggan, 27 Farrar, 28 Horner, 29 Phinney, 30 van Garderen
Niederlande (5): 31 Boom, 32 Gesink, 33 Langeveld, 34 Terpstra, 35 Westra
Slowakei (1): 36 P. Sagan
Schweiz (5): 37 Albasini, 38 Cancellara, 39 Elmiger, 40 Rast, 41 Schär
Portugal (3):42 Cardoso, 43 Costa, 44 Oliveira
Deutschland (5): 45 Degenkolb, 46 Grabsch, 47 Greipel, 48 Martin, 49 Sieberg
Kolumbien (3): 50 Duarte, 51 Henao, 52 Uran
Frankreich (4): 53 Bourgain, 54 S. Chavanel, 55 Démare, 56 Gallopin
Slowenien (3): 57 Bole, 58 Bozic, 59 Brajkovic
Kanada (1): 60 Hesjedal
Russland (3): 61 Isaitschew, 62 Kolobnew, 63 Mentschow
Marokko (3): 64 Chaoufi, 65 Jelloul, 66 Lahsaini
Polen (3): 67 M. Bodnar, 68 Golas, 69 M. Kwiatkowski
Südafrika (1): 70 Impey
Argentinien (1): 71 M. Richeze
Venezuela (3): 72 Gil, 73 Rodriguez, 74 Ubeto
Japan (2): 75 Arashiro, 76 Beppu
Eritrea (1): 77 Teklehaymanot
Brasilien (3): 78 Fischer, 79 Nazaret, 80 Panizo
Algerien (1): 81 Lagab
Neuseeland (2): 82 Bauer, 83 Henderson
Tschechien (2): 84 Barta, 85 Kreuziger
Kasachstan (2): 86 Bassajew, 87 Winokurow
Ukraine (2): 88 Griwko, 89 Kriwtsow
Österreich (2): 90 Eisel, 91 Schorn
Malaysia (2): 92 Othman, 93 Rusli
Dänemark (4): 94 Bak, 95 Breschel, 96 Fuglsang, 97 N. Sørensen
Iran (3): 98 Haghi, 99 Sohrabi, 100 Zargari
Hongkong (1): 101 Wong
Estland (1): 102 Mandri
Lettland (1): 103 Saramotins
Bulgarien (2): 104 Gyurov, 105 Petrov
Kroatien (2): 106 Durasek, 107 Rogina
Schweden (1): 108 Larsson
Serbien (2): 109 Kasa, 110 Stevic
Litauen (2): 111 Bagdonas, 112 Navardauskas
Griechenland (1) 113 Tamouridis
Luxemburg (2): 114 Didier, unbesetzt
Costa Rica (1): 115 Amador
Chile (1): 116 Garrido
Ungarn (1): 117 Lovassy
Uruguay (1): 118 Soto
Usbekistan (2): 119 Halmuratow, 120 Lagutin
Norwegen (4): 121 Boasson Hagen, 122 Kristoff, 123 Laengen, 124 Nordhaug
Türkei (3): 125 Akdylek, 126 Kal, 127 Kucukbay
Moldawien (1): 128 Berdos
Rumänien (1): 129 Nechita
Südkorea (1): 130 Park
Weißrussland (3): 131 Kirijenka, 132 Hutarowitsch, 133 Samoilau
Kuba (1): 134 Alcolea
Georgien (1): 135 Nadiradze
Ecuador (1): 136 Guama
Irland (3): 137 Martin, 138 McCann, 139 Roche
Mexiko (1): 140 Zamarron
Guatemala (1): 141 Rodas
Namibia (1): 142 Craven
Syrien (1): 143 Hassanen
Finnland (1): 144 Veikkanen
in Klammern: Anzahl der Startplätze der entsprechenden Nation
Startliste in schnörkelloser Druckversion (PDF)

Trivia: Der Aussichtspunkt am Box Hill fand schon mehrfach Erwähnung in verschiedenen Kunstwerken in Malerei, Musik und Literatur, wie z.B. bei der Picknick-Szene in Jane Austens Roman Emma.

www-tipps zur vorbereitung aufs rennen

Offizielle Homepage:http://www.london2012.com/cycling-road/
    - Landkarte (PDF-Datei)
Box-Hill-Rundkurs auf gpsies.com
Beginn des Box-Hill-Anstiegs mit Google Street View
Fotos von Peking 2008 auf cyclingnews.com

Ergebnis vor 4 Jahren in Peking (Sieger Samuel Sanchez)
Ergebnis vor 8 Jahren in Athen (Sieger Paolo Bettini)
Ergebnis der WM in Dänemark im Vorjahr (Sieger Cavendish)

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